Nürnberg
Der Krisenmanager verabschiedet sich

Bundesagentur-Chef Frank-Jürgen Weise geht in den Ruhestand Detlef Scheele wird Nachfolger

28.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:24 Uhr

Foto: DK

Nürnberg (DK) Inzwischen kann Frank-Jürgen Weise wieder ruhig schlafen. Anders dagegen im Herbst 2015, als er gerade von Kanzlerin Angela Merkel zu Deutschlands oberstem Flüchtlingsmanager bestellt worden war. Die Leitung im Flüchtlingsbundesamt Bamf, und das auch noch neben seinen Chef-Pflichten bei der Bundesagentur für Arbeit, es sah nach einer "Mission impossible" aus. "Diese Überlast war ungesund, man hält das auch nur für eine überschaubare Zeit aus", blickt Weise jetzt in einem Interview zurück.

Doch der frühere Unternehmer und Ex-Bundeswehr-Oberst meisterte die Doppelaufgabe, ordnete das Chaos beim Bamf, beschleunigte die Verfahren. Nun ist für ihn endgültig Schluss. Seine Aufgabe im Flüchtlingsamt hat er bereits zu Jahresbeginn aufgegeben, bei der Bundesagentur für Arbeit rückt nun Detlef Scheele nach. Der frühere Sozialstaatssekretär der Bundesregierung und ehemalige Hamburger Senator galt als Wunschkandidat von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD).

CDU-Mitglied Weise, der zuletzt auch öffentlich immer wieder vor einem Bruch mit den Agenda-Reformen und einer Verlängerung des Arbeitslosengeldes I gewarnt hatte, macht Platz für den Sozialdemokraten Scheele. Ende einer Ära in Nürnberg. "Mr. Effizienz", in dessen dreizehnjährige Amtszeit die Einführung der Hartz-IV-Reformen fiel, geht. Der inzwischen 65-jährige leidenschaftliche Motorradfahrer ist einer breiten Öffentlichkeit durch seine monatlichen Pressekonferenzen zur Arbeitsmarktlage bekannt. In den letzten Jahren hatte er meist gute Nachrichten zu überbringen. Die Arbeitslosenzahlen erreichten ein Rekordtief nach dem anderen, regelmäßig fuhr die Bundesagentur Milliardenüberschüsse ein. Weise galt als versierter Prozessoptimierer und Krisenmanager, trat auch als Berater bei der Bundeswehr-Reform in Erscheinung.

Es folgt ein Mann mit sozialdemokratischem Stallgeruch. Auf dem Gebiet von Arbeitsmarktpolitik und Jobvermittlung verfügt Scheele über jahrzehntelange Erfahrung, in Hamburg leitete er mal eine Beschäftigungsgesellschaft. Die Bundesagentur kennt er bestens, seit 2015 gehört er dem Vorstand der Behörde an. Seine Aufgabe war es auch, Weise den Rücken freizuhalten, während dieser beim Flüchtlingsbundesamt gefordert war. Scheele gehört zu denen, die vor überzogenen Erwartungen mit Blick auf die Jobchancen von Flüchtlingen warnte. Nur zehn Prozent seien in der Lage, den Sprung auf den Arbeitsmarkt zu schaffen.

Das Thema Integration wird bei Scheele ganz oben auf der Agenda stehen müssen. Steigt die Zahl der Flüchtlinge, die von den Jobcentern betreut werden, doch Monat für Monat an. Eine zweite Herausforderung dürfte angesichts der demografischen Veränderungen die Qualifizierung werden. Für Arbeitsministerin Nahles, die einen Umbau der Nürnberger Behörde zur Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung anstrebt, könnte Scheele zu einem wichtigen Verbündeten werden.

Ironie der Geschichte: Ausgerechnet am Tag des Übergangs beherrschen Vorgänge aus Weises Zeit an der BA-Spitze die Schlagzeilen. Der Bundesrechnungshof nimmt offiziell Anstoß an den von der Bundesagentur im Herbst 2015 als Soforthilfe organisierten Sprachkursen für Flüchtlinge. Der Vorwurf der Verschwendung von Millionenbeträgen steht dabei im Raum. Es seien keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen worden, um den Erfolg der Sprachkurse zu überprüfen, so die Kritik. Eine Sprecherin der Bundesagentur verwies auf die besonderen Umstände damals auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise.

Als große Herausforderung gelten auch die arbeitsmarktpolitischen Folgen der zunehmenden Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeitswelt. Der Einzug des Internets in die Fabrikhallen und die damit verbundene Vernetzung von Maschinen wird nach Prognosen von Arbeitsmarktforschern mit gewaltigen Umwälzungen für die Beschäftigten verbunden sein.