Ingolstadt
Zurück in die Zukunft

Audi hatte den Elektro-Supersportler R8 e-tron bereits auf Eis gelegt – jetzt kommt er wohl doch noch

19.12.2013 | Stand 02.12.2020, 23:17 Uhr

Holt Audi ihn zurück ins Leben? Der R8 e-tron bei einer Pressevorführung am ehemaligen Flughafen Berlin-Tempelhof. Der Elektro-Renner sprintet mit seinen 380 PS in 4,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h, bei Tempo 200 ist er abgeregelt. Der Preis dürfte jenseits von 400 000 Euro liegen - Foto: Oppenheimer

Ingolstadt (DK) Über Jahre hatte Audi ihn als Prestigeprojekt hochgehalten – aber kurz bevor der R8 e-tron gebaut werden sollte, wurde er auf Eis gelegt. Jetzt könnte der Elektro-Supersportler doch noch auf den Markt kommen, verriet Audi-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg nun in einem Interview.

Als vor einigen Jahren der Hype um die Elektromobilität einsetzte, mussten die Autohersteller für ihre Messeauftritte schnellstens schicke E-Projekte aus dem Hut zaubern. Bei Audi war das Ergebnis der R8 e-tron. Fortan konnte man auf die Frage, was das Unternehmen in Sachen E-Mobilität tue, antworten: Wir entwickeln einen Elektro-Supersportler. Bei Audi schmückte man sich gerne mit dem Projekt. Der Rest der Geschichte ist bekannt: Kurz bevor der R8 e-tron gebaut werden sollte, zog der damalige Entwicklungschef Wolfgang Dürheimer den Stecker. Zu geringe Reichweite, zu teuer.

Doch in das Projekt war viel Zeit und Geld geflossen. Um zu zeigen, dass das Auto eigentlich fertig entwickelt ist, lud Audi im Sommer dieses Jahres Journalisten ein, um den R8 e-tron zu testen – etwa 15 Stück auf „Serienniveau“ gibt es. Und so brausten die Presseleute mit der Flunder um einen Rundkurs, während sich die Spaziergänger am Zaun ob des seltenen Spektakels die Nasen platt drückten. Die Audi-Ingenieure am Streckenrand erklärten derweil zähneknirschend, dass man aus dem Projekt immerhin viel gelernt habe – auch wenn das Auto nie zu kaufen sein werde. Die Stornierung des E-Renners tat ihnen sichtlich weh.

Nur wenige Tage später kam das Aus für Wolfgang Dürheimer. Seinen Posten als Audi-Entwicklungsvorstand übernahm Ulrich Hackenberg. Mit dessen Rückkehr von der VW-Zentrale in Wolfsburg nach Ingolstadt kehrte auch die Hoffnung der R8-e-tron-Entwickler zurück. Und nun sieht es tatsächlich danach aus, dass das Auto doch noch in einer Kleinserie gebaut wird. „Die Chancen stehen nicht schlecht“, sagte Hackenberg in einem Interview mit dem „Handelsblatt“. Eine definitive Entscheidung gibt es noch nicht, doch die soll bis Ende des Jahres fallen.

Dass Audi den R8 e-tron nun doch noch auf die Straße bringen will, hat mehrere Gründe, einer lautet: BMW. Der Münchner Autobauer schwimmt derzeit dank seines Stromers i3 auf einer Welle der Euphorie – und bald soll der E-Renner i8 kommen. Auch bei Mercedes haben sie ihren Elektroflitzer durchgeboxt, der SLS AMG E-Cell ist bereits erhältlich. Bei Audi dagegen: Fehlanzeige.

Dass die Marke mit den vier Ringen hier nichts anzubieten hat, sieht natürlich nicht gut aus. Nachdem Audi bereits den A1 e-tron stornieren musste, sorgte das Aus für den R8 e-tron für ein miserables Medienecho. Jetzt also die Rolle rückwärts.

Doch nicht nur der Besitz eines R8 e-tron wird etwas besonderes bleiben, allein ihn einmal auf der Straße zu sehen, dürfte Seltenheitswert besitzen. Denn in Konzernkreisen ist die Rede von einem Preis auf Niveau des Mercedes SLS AMG E-Cell – und der kostet offiziell weit mehr als 400 000 Euro. Also eher ein Fall für Ölscheichs. Schon 50 Stück dürften schwer an den Mann zu bringen sein.

Der exorbitante Preis hat vor allem damit zu tun, dass solche Autos nicht am Fließband produziert werden und nahezu keine Gleichteile aus Serienfahrzeugen verwendet werden können. Zwar sieht der R8 e-tron von außen fast wie sein Benzin-Bruder aus – unter dem Blech ist er jedoch völlig neu entwickelt. Technisch anspruchsvoll ist vor allem die Klimatisierung der Batterien. Denn damit deren volle Leistung abrufbar ist, brauchen sie eine Temperatur von etwa 25 Grad Celsius. Das System aus unzähligen Schläuchen, das bei Hitze kühlt und bei Kälte heizt, ist eine Wissenschaft für sich.

Gibt die Audi-Chefetage grünes Licht für den R8 e-tron, dürfte er schon nächstes Jahr zu kaufen sein. Dass der Renner so schnell startbereit ist, liegt daran, dass nicht erst eine Produktionslinie aufgebaut werden muss. Das Fahrzeug entsteht größtenteils in Handarbeit.

Dass Audi mit dem R8 e-tron Geld verdient, gilt als unwahrscheinlich. Vielmehr ist es eine Investition ins Image. Nicht zu unterschätzen ist auch die Wirkung innerhalb des Unternehmens. Die Reanimation des Projekts nach der Stornierung durch den ungeliebten Ex-Entwicklungschef Wolfgang Dürheimer ist Balsam für die Seele der stolzen Audi-Entwickler.