Ingolstadt
Revolution in der Finanzwelt

Bitcoin und Blockchain Kryptowährungen sind auf dem Vormarsch

22.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:19 Uhr

Ingolstadt (DK) Das Thema Kryptowährungen ist wegen märchenhafter Wertsteigerungen in den vergangenen Jahren in aller Munde. Riesige Blase oder erst der Anfang? Wie funktioniert das Konzept der inzwischen über 1000 Kryptowährungen? Das beleuchten wir in einer vierteiligen Serie.

Wer zum Beispiel vor sieben Jahren nur einen Dollar in Bitcoins investiert hat, ist jetzt Millionär. Und der Wert der zweitwichtigsten Kryptowährung Ethereum ist binnen eines Jahres um mehr als 2000 Prozent gestiegen. Zwei Zahlen, die selbst vorsichtige deutsche Anleger aufhorchen lassen, aber auch die Angst vor einer Preisblase wecken.

Philipp Sandner vom Frankfurt School Blockchain Center verweist darauf, dass die gemeinsame Marktkapitalisierung von Kryptowährungen derzeit "nur" etwa 150 Milliarden Dollar beträgt. Zum Vergleich: Bei der sogenannten Internetblase waren es etwa drei Billionen Dollar, also das 20-Fache.

Sandner denkt, dass "wir uns erst am Anfang einer Veränderung mit großer disruptiver Kraft befinden. Selbst in den Vorstandsetagen von Dax-Konzernen beschäftigt man sich schon damit". Auf der anderen Seite, so konstatiert der Wirtschaftsprofessor, gibt es auch Gründe, warum diese Entwicklung langsam vonstattengehen könnte - zum Beispiel wegen regulatorischer Maßnahmen.

So funktionieren Kryptowährungen: Die Experten der Commerzbank bringen es in einem internen Papier auf den Punkt: "Bitcoin hat durch die Einführung der Blockchain-Technologie eine echte Revolution losgetreten." Eine Revolution, die im Hintergrund die Finanzwelt und den Zahlungsverkehr in Zukunft für jeden verändern wird. Um das zu verstehen, muss man die Technologie verstehen, die hinter Kryptowährungen steht.

Die Transaktionen von Zahlungen erfolgen durch Dateiblöcke, die mit allen vorangehenden Blöcken verbunden sind ("Blockchain": Blockkette). Der Vorteil: Transaktionen können direkt zwischen Marktteilnehmern abgewickelt werden, es bedarf in der Theorie keiner Bank oder keines anderen Zwischenhändlers. Das spart viel Zeit und Geld. Dennoch ist nach wie vor fraglich, welche Rolle Kryptowährungen künftig als Zahlungsmedium einnehmen werden.

Betrieben wird das ganze System dezentral von sogenannten Minern, die Rechnerleistung und Strom bereitstellen. Dafür werden sie in Form neu geschaffener Bitcoins oder Einheiten anderer Kryptowährungen entlohnt. Dieses Prinzip gleicht den Bemühungen von Goldsuchern, weshalb Bitcoin oft auch als virtuelles Gold bezeichnet wird.

Viele fragen sich nun, woraus der innere Wert eines Bitcoins erwächst? Ganz einfach aus dem kapitalistischen Prinzip von Angebot und Nachfrage. Wichtig dabei ist, dass das Angebot glaubhaft knapp ist. Die Zahl von Bitcoins beispielsweise beträgt derzeit gut 16,5 Millionen. Die wichtigste Wertgrundlage für Kryptowährungen ist Vertrauen in das System - auch der Wert klassischer Währungen wie Euro oder Dollar beruht auf dem Vertrauen in Staaten und Zentralbanken. Statt ein paar Stücke bedrucktes Papier in der Geldbörse wie beim Papiergeld, hat man bei Kryptowährungen einen Dateiblock in seinem virtuellen Portemonnaie.

Die Zentralbanken werden sich jedoch die Deutungshoheit über Währungen nicht aus der Hand nehmen lassen. Auch, um die Geldwäsche von Verbrecherorganisationen oder Staaten wie Nordkorea über Kryptowährungen zu stoppen. Als in China jüngst der Handel von Kryptowährungen an speziellen Börsen untersagt wurde, rauschten die Kurse über 30 Prozent in den Keller. Seitdem ging es aber wieder aufwärts. Gewaltige Kursschwankungen sind derzeit noch ein Problem der virtuellen Währungen und zeigen eindrucksvoll, dass es sich derzeit noch um eine Nischenerscheinung handelt, die in Sachen Wertentwicklung mit einem gewaltigen Risiko behaftet ist.

"Auch in Deutschland und der Schweiz sind in Kürze regulatorische Schritte in Sachen Kryptowährungen zu erwarten. Es stehen zahlreiche Ereignisse vor uns - negative wie positive", sagt der Frankfurter Experte Sandner. So gibt es zum Beispiel Gerüchte, dass der Onlineversandhändler Amazon den Bitcoin als Zahlungsmittel anerkennen könnte - was einen riesigen Schub zur Folge haben könnte.

Wie sich der Wert von Kryptowährungen entwickeln wird, ist nicht vorhersagbar, zumal es schon mehr als 1000 Kryptowährungen gibt. Die wichtigsten hinsichtlich Marktkapitalisierung sind neben Bitcoin, Ethereum, Ripple, Bitcoin Cash, Litecoin und Dash. Auch Staaten wie Japan oder Estland überlegen, ob eigene Kryptowährungen herausgegeben werden können. "Welche Währung sich am Ende durchsetzen wird, ist nicht absehbar. Bitcoin hat die meiste Aufmerksamkeit, Ethereum vielleicht die besten Funktionen und das größte Ökosystem", sagt Sandner.

Derzeit sind Kryptowährungen vor allem Spekulationsobjekt in der Hoffnung auf Wertzuwächse. Bezahlen lässt sich damit nur bei sehr wenigen Händlern. Ob Kryptowährungen ein gutes Investment sind und Münzen und Banknoten künftig überflüssig machen werden, ist deshalb schwer einzuschätzen. Feststehen dürfte allerdings eines: "Die Blockchaintechnologie ist extrem interessant für Banken und andere Branchen", sagt Devisenexpertin Thu Lan Nguyen von der Commerzbank. Erst Ende September wickelten unter anderem ihr Institut und die KfW eine Testtransaktion von mehr als 100 000 Euro erfolgreich ab.

Aktien von Firmen aus dem Blockchain-Umfeld könnten also von der Revolution in der Finanzwelt profitieren. Dazu gehören Firmen wie IBM, die Chiphersteller AMD oder Nvidia sowie auch die deutsche Software AG.