Berkeley
US-Forscher brauen Bier ohne Hopfen

Biotechnologisch veränderte Bierhefe erzeugt wichtige Aromastoffe Pflanzerverband sieht das gelassen

20.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:40 Uhr

Hopfen ist einer der wichtigsten Inhaltsstoffe für Bier. US-Forscher haben jetzt mit Gentechnik künstliche Aromen erzeugt. ‹ŒArch - foto: Kraus

Berkeley/Wolnzach (DK) Auf die Hopfenpflanzer könnte ein Problem zukommen: US-Biotechnologen haben ein Bier ohne Hopfen entwickelt, das wie das Original schmecken soll. Der deutsche Hopfenpflanzerverband sieht das gelassen: "Es hat schon in der Vergangenheit Versuche gegeben, einzelne Hopfeninhaltsstoffe künstlich zu erzeugen.

Durchgesetzt hat sich bisher aber immer der natürliche Hopfen", sagte Verbandspräsident Johann Pichlmaier unserer Zeitung.

Die US-Forscher veränderten Bierhefestämme genetisch so, dass sie beim Brauen nicht nur Alkohol erzeugen, sondern auch die beiden wichtigsten Aromastoffe des Hopfens. Jay Keasling und Charles Denby von der University of California in Berkeley berichten im Fachjournal "Nature Communications", dass Tester ihr Getränk sogar als stärker gehopft empfanden als ein echtes Hopfenbier.

Als Gründe für die biotechnologische Veränderung der Bierhefe nennen die Forscher hohe Preise für die in den USA verbreitete Hopfensorte "Casá †cade". Der Anbau von Hopfen sei zudem sehr wasser- und energieintensiv. "Außerdem variieren Hopfensorten beträchtlich im Gehalt an ätherischen Ölen, was es schwierig macht, einen gleichbleibenden hopfigen Geschmack in Bier zu erreichen", schreibt das Team.

Der typische Hopfengeschmack hängt von mehreren Aromastoffen ab. Die wichtigsten sind Linalool und Geraniol. Beide kommen in den ätherischen Ölen vieler Pflanzen vor, weshalb die Forscher zunächst testeten, welche davon sich als Ausgangsbasis für die gesuchten Gene am besten eignen. Sie fanden sie in der Wasserminze und im Basilikum.

Linalool und Geraniol werden über mehrere Stoffwechselschritte hergestellt. Darum mussten die Wissenschaftler herausfinden, welche Proteine dafür nötig sind. Letztlich schleusten sie Gene in die Bierhefe ein, die die Informationen zur Produktion von vier Eiweißstoffen tragen.

Mit drei genetisch veränderten Stämmen brauten die Biotechnologen Biere und verkosteten sie dann zusammen mit einem normalen Hopfenbier. Zumindest ein Stamm - JBEI-16652 - brachte ein Bier hervor, dem die Probanden einen stärkeren Hopfengeschmack bescheinigten als dem normalen Bier. Dennoch betonen die Forscher, "dass der volle Geschmack, der durch das traditionelle Hopfen vermittelt wird, wahrscheinlich auf einem vielfältigeren Bouquet von Molekülen beruht." Und darauf verweist auch Hopfenpflanzer Pichlmaier: "Der Hopfen ist in Bezug auf seine Inhaltsstoffe zu komplex, als dass man ihn so einfach ersetzen könnte." Es sei häufig so, dass ein interessantes Hopfenaroma im Bier erst durch die Wechselwirkung vieler Hopfenöle entstehe.

Auch in wirtschaftlicher Sicht dürfte die biotechnologische Bieraromatisierung "nicht mehr zielführend" sein, so Pichlmaier. Denn bei den US-Aromasorten bestehe keine Knappheit mehr, die Preise seien "mindestens auf Normalniveau angekommen".

Doch US-Forscher Denby ist von der neuen Bierhefe so überzeugt, dass er zur Herstellung und Vermarktung bereits ein Unternehmen gegründet hat. Zwar gebe es erhebliche Vorbehalte in der Bevölkerung gegen biotechnologisch erzeugte Lebensmittel, so die Forscher. Sie sind aber überzeugt, dass ihre Methode nachhaltiger ist als der Hopfenanbau und so eine Chance hat.