Schwere Vorwürfe gegen Audi

Betrugssoftware für Diesel-Autos soll schon 2004 eingesetzt worden sein

21.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:31 Uhr

Ingolstadt (DK/dpa) In der VW-Abgas-Affäre rückt Audi immer stärker in den Fokus der Ermittlungen. In einer Anklageschrift hat die New Yorker Staatsanwaltschaft dem Autobauer vorgeworfen, schon im Jahr 2004 eine Abschalteinrichtung eingesetzt zu haben. Das berichten mehrere Medien übereinstimmend.

Dabei bilden die Wechsel von Führungskräften zwischen Audi und VW im vergangenen Jahrzehnt seit Monaten die Schwerpunkte der internen Ermittlungen. Das berichten für gewöhnlich gut informierte Konzernkreise. Kern der Frage sei dabei, wann und wie eine Software mit Ursprung bei Audi ihren Weg zur Konzernkernmarke VW-Pkw fand und dort als illegale Weiterentwicklung ab 2006 millionenfach in Diesel-Wagen weltweit landen konnte. Details dazu finden sich in der Klage mehrerer US-Bundesstaaten, die auch auf Ergebnissen der internen Ermittlungen bei VW durch die USKanzlei Jones Day basieren.

Wie in VW-Konzern- und Aufsichtsratskreisen zu erfahren war, sei die Abgrenzung zwischen legaler und illegaler Software im Entstehungsprozess der Affäre sehr schwierig. Die Geburtsstunde des „Defeat Device“, wie die Betrugssoftware in den USA heißt, geht auf legale Bemühungen zurück, den Lärm klopfender Diesel („Nageln“) nach dem Kaltstart zu mindern. Daraus erwuchs im Zusammenhang mit Problemen bei Abgas-Grenzwerten die Idee, eine illegale Funktion einzusetzen. Diese erkannte, wenn sich ein Diesel-Auto auf dem Prüfstand befand und gaukelte weit niedrigere Stickoxid-Werte vor als beim Normalbetrieb auf der Straße. Volkswagen und Audi wollten sich mit Verweis auf die laufenden Untersuchungen nicht äußern.

Laut Nachrichtenagentur dpa prüft Jones Day die Personalwechsel zwischen Audi und VW in Zusammenhang mit den Software-Versionen intensiv. „Eine Gretchenfrage ist zum Beispiel, ob sich Personen mit einer Vergangenheit bei Audi später bei VW an etwas erinnerten und darauf zurückgriffen, was sie als Ansatz der Problemlösung von Audi schon kannten“, sagte ein Insider. Für die US-Generalstaatsanwälte ist die Sache klar: Schon am Anfang bei Audi sei es illegal zugegangen. In der Klageschrift heißt es: „Der Ursprung von Volkswagens ,Defeat Device’ geht spätestens zurück auf die abgasbezogenen Ingenieursherausforderungen, denen sich Audi 1999 gegenübersah.“ Laut US-Klage ging es damals bei Audi um neue Sechszylinder-Diesel mit 3,0 Liter Hubraum. Sie kamen unter anderem beim A8 zum Einsatz.

Audi, so die Klageschrift, habe damals eine „Pilot-Einspritzung“ erfunden als Mittel gegen das Nageln der kalten Diesel. „Allerdings verursachte die Aktivierung der Pilot-Einspritzung nach der Zündung, dass der Motor die europäischen Abgas-Standards auf dem Teststand verfehlte.“ Schlussfolgerung: „Audi löste dieses Problem über die Anwendung der ,Defeat-Device’-Software,die es dem Motor ermöglichte, den europäischen Abgas-Testzyklus zu erkennen und die Pilot-Einspritzung dementsprechend zu deaktivieren.“ Auf die Straße kam die demnach angeblich illegale Lösung von 2004 bis 2008.