Washington
Machtkampf in Washington

Ringen um US-Gesundheitswesen kann für Donald Trump gefährlich werden

24.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:25 Uhr

Das US-Kapitol in Washington: Bisher hat US-Präsident Donald Trump mit Dekreten regiert. Nun aber braucht er vermehrt die Stimmen der Abgeordneten - und die sind nicht immer seiner Meinung. - Foto: Richards/AFP

Washington (dpa) Es ist der bisher größte Test für den selbsterklärten weltgrößten Verhandler. Zwei Monate nach seinem Amtsantritt lernt Donald Trump, dass Wahlkampf und Regieren zweierlei Paar Schuhe sind. Dass Dekrete zu unterschreiben leicht ist, aber Gesetze zu zimmern mitunter vertrackt. "Obamacare" abschaffen und ersetzen - das war eines der zentralen Versprechen im Wahlkampf. "Obamacare" - die Gesundheitsreform von Trumps Vorgänger Barack Obama - ist vielen Republikanern verhasst. Der epochale, wenn auch mit kleinen Fehlern behaftete Einstieg in ein erstes echtes Sozialsystem in den USA, er ist der Partei zu viel Staat.

Wenn jemand fragte: "Ersetzen, womit" gaben die Republikaner jahrelang vor, sie hätten eine schlüsselfertige Alternative zu "Obamacare". In seiner Rede an den Kongress verkündete Trump zuletzt leutselig, ein neues Gesetz mit seiner Handschrift werde mehr Leute versichern, die Selbstbeteiligung reduzieren und den Versicherten mehr Wahlfreiheit einräumen. Das wäre wohl möglich. Aber nicht mit dem Plan der Republikaner. Denn um all das zu erreichen, müssten Steuern erhöht, mehr Gelder in das Gesundheitssystem gepumpt werden. Der Gesetzentwurf der Republikaner will das Gegenteil. Binnen zehn Jahren würden 24 Millionen ihre Versicherung verlieren, so eine Kongressschätzung. Und die Verbleibenden wären schlechter abgesichert.

Für Trump geht es mit diesem Gesetz um sehr, sehr viel. Seinen Republikanern knallt er eine nackte Drohung vor den Bug: Stimmt zu, oder wir lassen alles beim Alten. Das ist ein sehr riskantes Spiel, brachte der Verlauf der Gesetzgebung doch interessante Einsichten. Trump, schreiben die "New York Times" und andere, habe das Thema zu spät richtig ernst genommen. Als eine Art Bruder Leichtfuß im Oval Office müsse er nun einsehen: Echte Politik ist schwierig.

Dazu geben auch die Republikaner kein allzu gutes Bild ab, sind in mehrere Fraktionen und Splittergruppen im Parlament und außerhalb zerrissen. Während die einen "Obamacare" vollständig an die Wand fahren und auflösen wollen, bekommen moderate Kräfte in der Partei zunehmend kalte Füße - zu scharf war der Wind, der ihnen zu Hause in ihren Wahlkreisen entgegenschlug, als sie in einer Politpause im Frühjahr durch die Lande zogen. Eigentlich hatten sie mit Jubelstürmen gerechnet.

"Das Scheitern dieser Gesetzgebung droht Trumps gesamte Wirtschaftsagenda zum Entgleisen zu bringen", sagt Steve Bell vom Think Tank Bipartisan Policy Center dem Sender CNN. "Die Balkanisierung der Republikaner wird sich fortsetzen. Und Trump ist ein Bleianker am Hals einiger Abgeordneter." Schon jetzt spielen die sogenannten Midterms eine Rolle, die Kongresswahlen im kommenden Jahr. Vielen Abgeordneten wird das eigene Hemd näher sein als der Hermelin des Präsidenten. Das ist nach der Präsidentenwahl in den USA zwar immer so und nichts Ungewöhnliches. Doch kommt es selten derart früh.