Berlin
"Wir haben die Technologien"

Umweltministerin Hendricks über die Chancen eines Weltklima-Abkommens

18.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:17 Uhr

Berlin (DK) Die Zeit für ein Klima-Abkommen ist gekommen, sagt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Gestern begann in Berlin der Petersberger Klimadialog.

 

Frau Hendricks, immer höhere Emissionen, immer mehr Stürme, Extremtemperaturen und Überschwemmungen: Ist das Weltklima überhaupt noch zu retten?

Barbara Hendricks: Ja – und wir tun alles dafür. Natürlich gibt es auch Pessimisten, die sich nicht vorstellen können, wie das funktionieren soll. Aber die hätten sich vor 20 Jahren auch nicht vorstellen können, dass sie einmal Smartphones in der Tasche tragen und nicht mehr die nächste Telefonzelle suchen müssen. Ein großer Unterschied zu früher ist doch: Wir haben heute die Technologien, die den Weg in eine klimaneutrale Weltwirtschaft weisen und wir werden noch weitere entwickeln. In Deutschland gehen wir mit gutem Beispiel voran. Je mehr sich die Vorteile der Energiewende zeigen, desto ambitionierter werden die Staaten mit ihren Klimazielen werden.

In Berlin kommen Regierungsvertreter aus aller Welt zum Petersberger Klimadialog zusammen. Wird es wieder einmal bei unverbindlichen Lippenbekenntnissen bleiben?

Hendricks: Die Lage ist anders als noch vor ein paar Jahren. Immer mehr Staaten legen eigene, konkrete Klimaschutzbeiträge vor. Andere arbeiten mit Hochdruck daran. Beim Klimadialog werbe ich dafür, dass wir uns eine positive Vision zum Ziel setzen, die sich aus dem Zwei-Grad-Ziel ableiten lässt: eine klimaneutrale Weltwirtschaft in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts. Das wäre ein starkes Signal für die Verhandlungen, aber auch für Wissenschaftler, Unternehmen und Klimaschützer auf der ganzen Welt. Damit wäre klar, wohin die Reise geht.

Die Verhandlungen für ein neues Weltklima-Abkommen laufen auf Hochtouren. Wird es am Ende verbindliche Reduktionsziele geben, die auch für die USA, China und Indien gelten?

Hendricks: Anders als früher sind es nicht nur die Europäer und andere Industrieländer, die sich zum Klimaschutz verpflichten. Wir arbeiten erstmals an einer weltweiten Klima-Übereinkunft, zu der auch Schwellen- und Entwicklungsländer beitragen. Die USA haben ihren Beitrag schon vorgelegt. Ich bin optimistisch, dass China in den nächsten Wochen nachlegen wird. In Paris müssen wir dann dafür sorgen, dass diese Beiträge transparent, vergleichbar und überprüfbar sind. Außerdem sollten wir bereits in Paris einen Mechanismus verankern, mit dem alle Staaten regelmäßig ihre Ziele anschärfen. Ich bin da ganz zuversichtlich. Denn anders als vor der Konferenz in Kopenhagen 2009 wissen wir heute besser, wie ein Klimapaket aussehen müsste, dem auch die USA und China zustimmen können, und das trotzdem die Klimaziele erreichbar macht.

Die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) für eine Klimaabgabe für alte Kohlekraftwerke stoßen auf scharfe Kritik. Was erwarten Sie jetzt von Angela Merkel, die einst als „Klimakanzlerin“ Schlagzeilen gemacht hat?

Hendricks: Ich erlebe Angela Merkel als Klimakanzlerin. Wir haben erst vor einem halben Jahr gemeinsam das Aktionsprogramm Klimaschutz im Kabinett beschlossen, mit dem wir unser Klimaziel für 2020 erreichen wollen. Da ist der Klimaschutzbeitrag der Energiewirtschaft bereits enthalten. Wie genau die Energiewirtschaft ihren Beitrag leistet, darüber können wir gerne reden. Mir ist wichtig, dass wir die Sache behutsam, aber frühzeitig angehen, um abrupte Brüche zu vermeiden. Aber dass die Energiewirtschaft ihren Beitrag leisten wird, ist beschlossene Sache. Daran sollten sich auch einige Kollegen aus der Union erinnern. Die Kanzlerin kann ja nicht mit leeren Händen zum G 7-Gipfel nach Elmau fahren.

 

Das Gespräch führte

Rasmus Buchsteiner.

Foto: Bensch/dpa