Berlin
Schlechtes Zeugnis in Sachen Energiewende

Bundesrechnungshof übt harte Kritik am Bundeswirtschaftsministerium von Sigmar Gabriel (SPD): Kein Überblick über die Kosten

12.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:48 Uhr

Berlin (DK) Laufen die Kosten für die Energiewende durch Missmanagement völlig aus dem Ruder? Der Prüfbericht des Bundesrechnungshofes für den Haushaltsausschuss des Bundestages, der gestern durchsickerte und unserer Berliner Redaktion vorliegt, stellt dem Bundeswirtschaftsministerium ein schlechtes Zeugnis aus. Es gebe "keinen Überblick über die Kosten der Energiewende", bemängeln die Prüfer.

Zudem bestehe das Risiko, dass es immer teurer werde, das Projekt voranzutreiben. Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) spricht von einer "Ohrfeige für das Bundeswirtschaftsministerium".

Das widerspricht heftig, bezeichnet die Kritik des Bundesrechnungshofes als "nicht nachvollziehbar". Schließlich sei die Kostensenkung die oberste Maxime der beiden EEG-Reformen gewesen, so eine Sprecherin gestern. "Die Energiewende wurde Schritt für Schritt erfolgreich umgesetzt", beteuert sie.

Dennoch bringt der Rechnungshof-Bericht SPD-Chef Gabriel unter Druck und lässt Zweifel an der Steuerung des Ministeriums aufkommen. Die Vorwürfe im Einzelnen: Es gebe keine koordinierten Absprachen im Haus, mit der Bundesregierung und den Bundesländern. Doppelte Förderung und doppelte Arbeit seien die Folge. Die Organisation im Ministerium weise "schwerwiegende Mängel" auf: So bestünden Zweifel, ob "tatsächlich 131 zusätzliche Stellen erforderlich gewesen wären". Die Prüfer fordern, die dem Ministerium jährlich für die Energiewende zur Verfügung stehenden fast drei Milliarden Euro seien zielgerichtet und effizient einzusetzen. Nur mit einem "umfassenden Überblick" über die derzeitigen und künftigen Kosten könne fundiert über Ausbau und Grenzen der Energiewende entschieden werden.

"So kann es nicht weitergehen", zeigt sich Michael Fuchs vom Unions-Wirtschaftsflügel gestern alarmiert. "Wirtschaft und Bürger haben ein Recht, vom Bundeswirtschaftsminister zu erfahren, welche Kosten, Risiken und Nebenwirkungen der Erneuerbaren-Ausbau hat." Scharfe Kritik kommt auch vom CDU-Wirtschaftsrat: "Die Rekordkosten im Jahr 2016 von über 31 Milliarden Euro, ohne dass die CO2-Emissionen sinken, untermauern den derzeitigen Blindflug in der Energiewende", erklärte Generalsekretär Wolfgang Steiger und forderte eine Umstellung auf Marktmechanismen und zugleich konkrete Indikatoren, welche Maßnahmen zu wie viel CO2-Einsparungen führen.

Das Wirtschaftsministerium winkt ab: Die Forderung nach einer konkreten Zahl zu den Kosten der Energiewende zeuge "von einem Fehlverständnis der Komplexität des Generationenprojektes Energiewende", sagte eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Gabriel. Die Umstellung auf grüne Energie werde bis über das Jahr 2050 hinaus andauern. Ein jährlicher Monitoring-Bericht prüfe aber längst Bezahlbarkeit, Effizienz und Folgen für Wirtschaft und Beschäftigung. Und nicht zuletzt hätten die beiden EEG-Reformen dafür gesorgt, dass die Ökostrom-Umlage nicht immer schneller ansteige und damit der Strom nicht immer teurer werde.

SPD-Vizefraktionsvorsitzender Hubertus Heil stärkt dem Wirtschaftsminister den Rücken: Die Umstellung von der staatlichen Festlegung der Preise hin zu Ausschreibungen am Markt sei "ein Paradigmenwechsel" gewesen, der sich auszahle. Durch Bündelung der Kompetenzen in Gabriels Ressort habe die große Koalition dafür gesorgt, dass Doppelstrukturen vermieden werden.