Berlin
Neuer Bundestag will automatische Diätenanpassung übernehmen

Steuerzahlerbund übt scharfe Kritik an dem Vorhaben und spricht von Einkommenserhöhung "im Eiltempo"

12.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:05 Uhr

Berlin (DK) "Die Bundestagsfraktionen sollten das stoppen", fordert Reiner Holznagel, der Präsident des Bundes der Steuerzahler. Union, SPD und FDP hatten sich zuvor auf einen gemeinsamen Antrag zur Erhöhung der Abgeordnetenbezüge verständigt, über den am heutigen Mittwoch im Bundestag entschieden werden soll.

Danach würden die Diäten der Parlamentarier in den kommenden vier Jahren auch weiterhin wie zuletzt entsprechend der durchschnittlichen Lohnentwicklung steigen. Seit dem 1. Juli beträgt die sogenannte Abgeordnetenentschädigung 9542 Euro. Im Jahr 2014 waren es noch 8667 Euro. Dazu kommt noch eine steuerfreie Aufwandspauschale.

Nach der Anpassungsregelung, die in der jetzigen Form am 24. Oktober 2017 in Kraft trat, werden jeweils zur Mitte des Jahres die Diäten entsprechend der allgemeinen Lohnentwicklung angepasst. Regelmäßige Verhandlungen über die Abgeordnetendiäten sind damit überflüssig. Der Bundestag reagierte mit dieser Regelung auch darauf, dass die jeweiligen Erhöhungen in der Bevölkerung häufig als Selbstbedienung und willkürliche Entscheidungen umstritten waren. Erstmals angewendet wurde die automatische Diätenerhöhung zum 1. Juli 2016.

Kritiker stören sich jedoch auch an diesem Automatismus nach der allgemeinen Lohnentwicklung. Der Bund der Steuerzahler forderte die Fraktionschefs von Union, SPD und FDP auf, den Antrag zurückziehen. "Es gibt noch immer keine Regierung, die Politik ist noch nicht wieder voll handlungsfähig. Da ist die geplante Anhebung ein falsches Signal", erklärte Verbandspräsident Holznagel im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. "Die Abgeordneten wollen hier einen verfassungsrechtlich problematischen Automatismus de luxe beibehalten, der ihnen die Bürde abnimmt, darüber im Bundestag zu diskutieren, ob sie mehr Geld bekommen oder nicht", kritisiert er das Verfahren ohne Aussprache und eine angebliche "Diätenerhöhung im Eiltempo".

Der Antrag sei über Nacht auf die Tagesordnung des Bundestages geschoben worden, moniert der Steuerzahlerbund. Dass er ohne Aussprache verabschiedet werden solle, sei der Gipfel. "Das geht gar nicht! Die Abgeordneten sind feige", sagte Holznagel. Der Steuerzahlerbund fordert eine Reform, die mehr Transparenz ermögliche. Vor allem aber müsse die steuerfreie Kostenpauschale für Abgeordnete gestrichen und die Altersversorgung verändert werden.

Die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten wird jeweils zu Jahresbeginn an die Lebenshaltungskosten angepasst. Sie liegt derzeit bei 4318,38 Euro pro Monat und soll die Aufwendungen der Parlamentarier bei der Ausübung ihres Mandates abdecken, etwa Kosten für Wahlkreisbüros und Miete in der Hauptstadt.

Im Frühjahr 2014 hatten die Volksvertreter ein neues Gesetz auf den Weg gebracht, das einen Automatismus vorsieht. Danach werden ihre Bezüge an die Entwicklung der Löhne angepasst. Jeweils zu Beginn einer neuen Legislaturperiode soll der Bundestag über die Beibehaltung dieses Mechanismus entscheiden. Die Bezüge der Bundestagsabgeordneten waren damals zum 1. Januar 2015 in zwei Schritten um rund zehn Prozent auf 9082 Euro monatlich angehoben worden, um sie wie von Experten empfohlen an die Besoldungsgruppe R6 anzupassen, nach der Richter an obersten Bundesgerichten bezahlt werden.

2014 war die neue gesetzliche Regelung im Eilverfahren innerhalb von nur einer Woche durch das Parlament gebracht und verabschiedet worden. Kritiker halten die Koppelung der Diäten an die Lohnentwicklung für grundgesetzwidrig. Über jede Erhöhung müsse das Parlament eigenständig unter den kritischen Augen der Öffentlichkeit entschieden, so der Parteienkritiker Hans Herbert von Arnim.