Berlin
Neue Bewertung der Sicherheitslage

Abschiebungen nach Afghanistan soll es auch weiterhin geben jedoch nur in Ausnahmefällen

09.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:40 Uhr

Berlin (DK) Abschiebungen nach Afghanistan - ja, aber nur noch in begrenzter Zahl. Die Bundesregierung hält an ihrem Kurs der Rückführungen an den Hindukusch fest. Islamistische Gefährder, Straftäter und Flüchtlinge, die die Klärung ihrer Identität behindern, sollen weiter in ihre Heimat gebracht werden.

Darauf haben sich das Auswärtige Amt und das Innenministerium im Zuge der Neubewertung der Sicherheitslage in Afghanistan verständigt.

Nach dem Attentat auf die deutsche Botschaft Ende Mai in Kabul war in der Bundesregierung Streit darüber ausgebrochen, ob man unter diesen Umständen noch weiter Afghanen ohne Bleiberecht aus Deutschland in ihre Heimat abschieben kann. Bei dem Bombenschlag waren 150 Menschen ums Leben gekommen und Hunderte verletzt worden. Die deutsche Vertretung war schwer beschädigt worden, und ist noch nicht wieder voll einsatzfähig.

Jetzt liegt ein Zwischenbericht der Bundesregierung mit einer Neubewertung der Gefährdung vor. Diplomaten und Innenexperten empfehlen, weiterhin abzuschieben, allerdings nur in Ausnahmefällen. Es gebe keine Erkenntnisse, dass die bisherige Praxis verändert werden müsse, erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes gestern in Berlin. Die Entscheidung liegt letztendlich bei den für Abschiebungen zuständigen Ländern. Zuletzt hatte es ein Moratorium gegeben, waren die Rückführungen unterbrochen worden. Derzeit halten sich 10 000 ausreisepflichtige Afghanen in Deutschland auf und damit 5000 weniger als noch 2016. Bis Ende Juni hatten die Länderbehörden 282 Afghanen zurückgeführt. Im Vorjahr waren es lediglich 145. Zurzeit lebt etwa eine Viertelmillionen Afghanen in Deutschland.

Aber können Menschen angesichts der aktuellen Sicherheitslage zurück nach Afghanistan abgeschoben werden, das Woche für Woche von schweren Anschlägen erschüttert wird? Opposition, Teile der SPD und Menschenrechtsorganisationen fordern ein Ende der Abschiebungen in das vom Terror erschütterte Land. Die Sozialdemokraten hatten zuletzt für eine Aussetzung geworben.

Innenexperten der Union begrüßten dagegen die Entscheidung, Straftäter und Gefährder nach Afghanistan zurückzuschicken. "Wer ein generelles Abschiebeverbot nach Afghanistan fordert, sollte bedenken, dass wir in den letzten zwei Jahren viele Tausend freiwillige Ausreisen dorthin hatten", so Innenexperte Wolfgang Bosbach (CDU). ‹ŒKommentar Seite 2