Berlin
"Lange Hängepartie vermeiden"

28.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:25 Uhr

Berlin (DK) Daniel Günther leitet als Ministerpräsident von Schleswig-Holstein die derzeit einzige Jamaika-Koalition in einem Bundesland. Wir sprachen mit dem CDU-Politiker über die Chancen für ein Bündnis von Union, FDP und Grünen im Bund:

Herr Günther, Sie regieren in Schleswig-Holstein bereits mit Grünen und FDP. Könnte ein Jamaika-Bündnis auch im Bund funktionieren?

Daniel Günther: Unsere Erfahrungen sind nicht unmittelbar übertragbar. Auf Landesebene sind die Hürden nicht so hoch wie im Bund. Die Art und Weise, wie wir Jamaika in Kiel zusammengebracht haben, kann aber ein Beispiel für Berlin sein. Bei uns konnte jeder seine Positionen durchsetzen, für die er gewählt worden ist. Das empfehle ich auch für die Bundesebene: Nicht nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner suchen, sondern sich gegenseitig auch mal Erfolge gönnen. Das sollte auch zwischen den vier Parteien, die jetzt im Bund miteinander sprechen, möglich sein.

 

CSU-Chef Horst Seehofer fordert erst einmal eine gemeinsame Kursbestimmung innerhalb der Union und besteht weiter auf eine Obergrenze für Flüchtlinge. Müssen CDU und CSU jetzt erst einmal Sondierungsgespräche führen?

Günther: Wir brauchen Einigkeit in der Union. Gut, dass Horst Seehofer das genauso sieht. Eine Verständigung mit der CSU ist zwingende Voraussetzung dafür, dass die Union gestärkt in die Verhandlungen gehen kann. Es macht keinen Sinn, vor Verhandlungen rote Linien zu ziehen. Das gilt auch für die Obergrenze. Die Sondierungsgespräche müssen ohne Vorbedingungen geführt werden.

 

Kann sich Deutschland monatelange Verhandlungen über eine neue Regierung leisten?

Günther: Die Verhandlungen werden nicht allzu lange dauern. Die Menschen erwarten zu Recht, dass es schnell eine handlungsfähige Regierung gibt. Wir müssen das Wahlergebnis akzeptieren. Es ist nicht so kompliziert, dass eine Regierungsbildung unmöglich wäre. Alle sind gut beraten, eine monatelange Hängepartie zu vermeiden. Der Koalitionsvertrag sollte spätestens bis Weihnachten stehen.

 

Die Fragen stellte

Andreas Herholz.

Foto: Rehder/dpa