Berlin
Deutsches Gesundheitssystem europaweit vorne

Studie bescheinigt kurze Wartezeiten und schnellen Zugang zu neuen Arzneimitteln Patienten sind zufrieden mit medizinischer Versorgung

20.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:27 Uhr

Berlin (DK) Wie gut ist Deutschlands Gesundheitssystem? Eine Studie für den Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) kommt jetzt zu dem Ergebnis, dass es hierzulande im europäischen Vergleich die kürzesten Wartezeiten und den schnellsten Zugang zu innovativen Arzneimitteln gibt. Als weitere Vorteile werden die freie Arztwahl sowie ein umfangreicher Leistungskatalog genannt.

Nach einer weiteren Studie, diesmal der Techniker Krankenkasse, sind 80 Prozent der Versicherten in Deutschland mit ihrer eigenen medizinischen Versorgung zufrieden. Die Ergebnisse befeuern die Debatte über die Zukunft des deutschen Systems mit seinem Nebeneinander von gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Die SPD um Martin Schulz könnte den Ruf nach einer Bürgerversicherung verbunden mit einer Abwicklung der PKV doch zu einer Forderung für den Wahlkampf erklären.

Ärztepräsident Frank-Ulrich Montgomery warnt die SPD vor Fehlschlüssen. "Die Studie belegt deutlich, dass wir eines der gerechtesten Gesundheitssysteme überhaupt haben", erklärte der Präsident der Bundesärztekammer gestern im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. "Von Gleichmacherei auf niedrigerem Niveau hat niemand etwas. Die Bürgerversicherung ist das Gegenteil von gerecht." Aus Sicht der PKV-Experten zeigt die Untersuchung klar den Vorteil von dualen Systemen. Dieses Modell führe zu einem der umfangreichsten Leistungskataloge überhaupt und zum schnellsten Zugang zu neuen Arzneimitteln. Zudem sei die private Krankenversicherung ein wettbewerbliches Korrektiv. In anderen Ländern mit einheitlichen Gesundheitssystemen seien oft weniger Leistungen vom öffentlichen System abgedeckt.

Hohe Zuzahlungen - für die Autoren der Untersuchung ein weiteres Problem. Besonders hoch seien die Extra-Aufwendungen der Versicherten in Frankreich, wo das öffentliche System nur etwa drei Viertel der Kosten medizinisch notwendiger Behandlungen übernehme. "Im haus- und fachärztlichen Bereich muss ein Patient gar keine Zuzahlungen leisten", heißt es in der Untersuchung. Wartezeiten seien in Ländern mit beitragsfinanzierten Systemen weniger verbreitet als in Ländern, wo die Gesundheitsversorgung vornehmlich aus Steuermitteln bestritten wird. 76 Prozent der Patienten in Deutschland erhalten am selben oder am nächsten Tag einen Arzttermin - ein Spitzenwert in Europa. In den Niederlanden sind es 63 Prozent, in Schweden 58 Prozent und in Frankreich 57 Prozent. Spitze ist die Bundesrepublik auch bei Arzneimittel-Innovationen: Bei neuen Medikamenten dauert es von der Zulassung bis zur Markteinführung 3,5 Monate. In den Niederlanden sind es 9,7, in Spanien fast 16 Monate.

Was die Studie außen vor lässt: Die Prämien steigen rasant, unter anderem wegen der Niedrigzinsen. Zwei Drittel der Privatversicherten dürften in diesem Jahr betroffen sein. Gerechnet wird mit einem Aufschlag von im Schnitt bis zu 11 Prozent. Eine Entwicklung, durch die sich die Sozialdemokraten in ihrer Kritik am deutschen Zwei-Säulen-System bestätigt fühlen. Das Modell der privaten Krankenversicherung habe keine Überlebenschance, sagt etwa SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach.