Ein erster Schritt

Kommentar

20.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:46 Uhr

Eine Hand wäscht die andere. Die Ärzte erhalten ein Zubrot, stufen Patienten dafür als kränker ein, als sie sind, und die Kassen profitieren dafür von höheren Zuweisungen aus dem milliardenschweren Risikostrukturausgleich.

Eine Win-win-Situation, ein gutes Geschäft für alle Beteiligten? Ganz und gar nicht. Die Beitragszahler sind die Dummen. Sie müssen die Zeche zahlen für solcherart Deals zwischen Medizinern und Kassen.

Es war niemand Geringeres als der Chef der TK, Deutschlands größter Krankenkasse, der die Debatte darüber im vergangenen Jahr angestoßen hat. Tatsächlich ist es geradezu grotesk, wenn Kassen Millionenbeträge ausgeben, etwa Prämien an Ärzte zahlen, um die gewünschten, schwereren Diagnosen zu erhalten und hinterher abkassieren zu können. Die Bundesregierung reagiert endlich, wenn auch sehr spät. Es ist ein guter erster Schritt. Ihr Entwurf gegen Schummel-Diagnosen stellt unmissverständlich klar, was eigentlich längst klar sein sollte: Dass Zahlungen an Ärzte allein für die Erteilung von Diagnosen rechtswidrig sind.

Und dass jede Form der Beratung durch Kassen bei der Einstufung von Krankheiten unzulässig ist. Dieses Gesetz wird aber ein zahnloser Tiger bleiben, wenn es nicht konsequent umgesetzt wird und weiter Lücken bei der Kontrolle geschlossen werden. Die Zuständigkeiten bei den Kassen sind zerklüftet, die unterschiedlichsten Stellen sind mit der Aufsicht beauftragt. Noch nicht einmal ist sichergestellt, dass Ärzte überall in Deutschland Diagnosen nach einheitlichen Richtlinien stellen und in die EDV eingeben. Hier besteht noch Handlungsbedarf weit über den jetzt vorgelegten Plan hinaus.