Die Stimmung ist hin

Kommentar

23.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:53 Uhr

Eines vorweg: Die Veröffentlichung eines Videos, in dem der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann seinem Ärger über die eigene Partei in einem - wie er glaubte - Vier-Augen-Gespräch Luft macht, ist, mit Verlaub, eine Sauerei. Doch nun ist das Video in der Welt.

Und es ist für seine grüne Partei ein Kommunikations-GAU. Weil es entlarvend ist. Winfried Kretschmanns Wutausbruch dokumentiert nämlich, dass das Delegiertentreffen eine große Harmonie-Show war. Und dass es mit der Einigkeit nicht allzu weit her ist.

Man könnte das Ganze als Petitesse abtun. Doch wenn der erste und einzige Regierungschef in der Sonnenblumenpartei seiner eigenen Truppe vorwirft, keine Ahnung zu haben, wenn er mit Blick auf das Aus für neue Verbrennungsmotoren ab 2030 von "Schwachsinns-Terminen" spricht und erklärt, dann müsse die Partei sich mit sechs oder acht Prozent zufriedengeben, ist das gravierend. Denn das konterkariert die Bemühungen der Grünen, als seriöse und verantwortungsvolle Kraft wahrgenommen zu werden. Kretschmann drückt der Partei damit den alten und unbeliebten Stempel als Ökospinner und Traumtänzer auf.

Die Aufbruchstimmung, die vom Parteitag ausgehen sollte, ist dahin. Von ihrem Ziel, im September mit einem zweistelligen Ergebnis drittstärkste Partei im Bundestag zu werden, sind die Grünen weiterhin meilenweit entfernt. Und das hat sich nach der Veröffentlichung des Kretschmann-Videos gewiss nicht geändert. Ganz im Gegenteil. Die Partei muss kämpfen.