München
"Wir machen in ganz Europa Musik"

Der Produzent Frank Peterson tritt heute Abend mit Gregorian beim ESC-Vorentscheid an

24.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:09 Uhr

München/Hamburg (DK) Eine Zeitung nannte ihn mal den "Anti-Bohlen": Der Musikproduzent Frank Peterson (kleines Foto) hat nicht die exaltierte und großsprecherische Art seines Kollegen Dieter Bohlen, er gilt als zurückhaltend und eher öffentlichkeitsscheu. Sehr erfolgreich ist er dennoch. Bekannt ist er vor allem durch sein Projekt Gregorian. Dabei verbindet er gemeinsam mit vielen Mitmusikern moderne Popmusik mit gregorianischen Chorälen, also dem einstimmigen Chorgesang, der bereits im frühen Mittelalter entwickelt wurde und von Mönchen heute noch gepflegt wird. Heute Abend tritt Gregorian beim deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest 2016 "Unser Lied für Stockholm" an. Im Vorfeld haben wir mit Frank Peterson gesprochen.

 

Gregorianische Choräle und der Eurovision Song Contest - passt das zusammen?

Frank Peterson: Inzwischen ist es doch so, dass die Veranstaltung kein Schlagerwettbewerb mehr ist, sondern dass alles von Hardcore-Techno über Hard Rock bis zu volkstümlicher Musik hineinpasst. Unsere Klänge sind eine Facette davon. Und da wir in ganz Europa Musik machen und unsere Musik sich auch auf ein gesamteuropäisches Erbe bezieht, passt das sogar sehr gut, finde ich.

 

Nun heißt eure aktuelle Veröffentlichung "Masters of Chant - The Final Chapter". Ist somit die Teilnahme am Song Contest auch eine Art Abschied?

Peterson: Nun, wir haben mit Gregorian schon viele verschiedene Platten gemacht. Zum einen die Reihe "Masters of Chant", zum anderen haben wir aber zwischendurch auch eine Weihnachtsplatte gemacht, eine Platte mit Coverversionen aus dem Metal-Bereich, wir haben Filmmusik gemacht und so weiter. Mit "The Final Chapter" hört auf alle Fälle die Masters-Of-Chant-Reihe auf. Wir machen seit 16 Jahren Alben, touren fast ununterbrochen - jetzt ziehen wir mal den Stecker und machen eine Pause. Wie es dann weitergeht, ob wir in ein paar Jahren wieder eine Tour machen, ob wir wieder ein Themenalbum machen, das alles steht noch in den Sternen.

 

Sie sprechen in der "Wir"-Form. Eigentlich ist Gregorian aber doch in erster Linie Ihr Projekt, oder?

Peterson: In der Tat habe ich das Projekt mir ausgedacht und auch konzeptioniert - und die sagen alle immer "Chef" zu mir; aber ich sehe Gregorian schon als Teamwork an. Wir haben viele Sänger, Musiker, Produzenten, Manager, die alle etwas zu dem Projekt beitragen. Daher maße ich mir nicht an, solche Entscheidungen völlig alleine zu treffen.

 

Die Schwierigkeit bei Gregorian sehe ich darin, dass das Konzept immer das Gleiche ist, dennoch sollen sich die einzelnen Alben immer wieder anders anhören. Wie funktioniert so etwas?

Peterson: Vergleichen wir es mal mit einer Fernsehsendung, sagen wir: "Wetten, dass . .". Wie bei "Wetten, dass . . " liegt auch bei Gregorian ein Konzept dahinter, an das wir uns halten. Und wie bei "Wetten, dass . . " bei jeder Sendung andere Gäste, andere Wetten und andere Acts da waren, so wird bei uns das Konzept bei jedem Album anders ausgestaltet.

 

Warum, glauben Sie, funktioniert ihr Konzept so gut: das Vermischen von uralten gregorianischen Chorälen mit moderner Popmusik?

Peterson: Gregorianische Choräle gibt es etwa seit dem 6. Jahrhundert. Und immer noch werden sie gesungen; sie haben sich quasi gegen die Zeit behauptet. Also ist einerseits diese Tradition in unserem Kulturkreis ganz fest verwurzelt; andererseits klingt diese Musik für viele Leute sehr mystisch und für einige vielleicht auch spirituell. Dass wir diese Art des Gesangs mit modernem Pop mischen, ist wohl der Reiz, der sehr viele Leute anzieht.

 

Wie sind Sie denn darauf gekommen, beides zu kombinieren?

Peterson: Ich habe den Film "Der Name der Rose" gesehen und war so fasziniert von dessen Soundtrack mit den gregorianischen Chorälen, dass ich schon damals, Mitte der 80er-Jahre, gedacht habe: Damit müsste man mal etwas machen. Richtig mit der Nase darauf gestoßen wurde ich, als ich in Spanien den Escorial besuchte, eine riesige Klosteranlage, und dort live gehört habe, wie Mönche gregorianische Choräle singen. Neben mir hatte aber ein Kind seinen Walkman laufen, und aus diesem Walkman hörte ich moderne Poprhythmen zu den gregorianischen Chorälen. Da dachte ich mir: Das ist es! Diese Choräle mit modernen Rhythmen, das wird ein Hit! Und das erste Ergebnis dieser Verbindung wurde tatsächlich ein Hit, nämlich mit dem Projekt Enigma.

 

Das Interview führte

Markus Schwarz.

 

Am 31. März werden Gregorian in Ingolstadt in der Saturn-Arena auftreten. Karten für das Konzert gibt es in allen Geschäftsstellen des DONAUKURIER.