Mit gutem Gefühl bei der Arbeit

04.09.2012 | Stand 03.12.2020, 1:06 Uhr

München (DK) Seit 15 Jahren leitet Professor John Hess (66) die Kinderkardiologie am Deutschen Herzzentrum in. Unser Redakteuer Marco Schneider sprach mit dem gebürtigen Niederländer, der im Herbst dieses Jahres in den Ruhestand geht.

Herr Hess, das Herz ist gewissermaßen die Maschine des Menschen. Was macht es so interessant, daran zu forschen?

John Hess: Wir brauchen das Herz. Wenn es da schief geht, dann geht es komplett schief. Deshalb ist es für mich so unheimlich interessant und wichtig, hier eine gute Forschungsarbeit zu leisten.

 

Sie behandeln Kinder, Jugendliche, Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern: Sie haben selbst drei Kinder. Ist das Leid, das Sie erleben, nicht oft erdrückend?

Hess: Ja, man kann sagen, dass ich viel Leid erfahre. Aber ich erfahre auch viel Glück und Erleichterung. Wenn man zum ersten Mal mit der Situation eines komplexen Herzfehlers konfrontiert wird, ist das ein massiver Schock. Aber wenn sich nach ein, zwei oder drei Eingriffen in den ersten Lebensjahren das Kind „normal“ entwickelt, sich belasten kann, dann ist das die positive Seite. Natürlich kommt es auch vor, dass Kinder sterben: Das ist eine Katastrophe, und es ist das schlimmste für Eltern, ihr Kind zu verlieren. Aber das ist Gott sei Dank sehr selten. Das geht dann auch uns nahe.

 

Wenn Sie heute, kurz vor Ihrem Ruhestand, auf Ihre Arbeit zurückblicken – wie beurteilen Sie die Zeit?

Hess: Ich wurde 1972 approbiert. Auf diese 40 Jahre als Arzt und über 30 Jahre als Kinderkardiologe blicke ich mit großer Freude zurück. Ich hatte immer ein gutes Gefühl bei meiner Arbeit.

 

Und wie hat sich die Herzforschung in dieser Zeit weiterentwickelt?

Hess: Vor 30 Jahren konnte man noch wenig mit Ultraschall anfangen. Das hat sich erst in den letzten 25 Jahren richtig entwickelt. Heute können wir bereits oft auf den Katheter verzichten – nicht immer, aber oft. Gerade bei Kindern ist das ganz wichtig. Jedes Jahr kommt da außerdem auf verschiedenen Ebenen vieles dazu, so dass wir immer mehr Möglichkeiten haben. Ich war beispielsweise der erste in Deutschland, der über Katheter eine Herzklappe implantiert hat. Das ist ein Riesengewinn.

 

Wie wird sich die Herzforschung weiterentwickeln?

Hess: In Sachen Kunstherz wird sich viel tun. Da bin ich mir sicher. Wir haben schon gute Kunstherzen, aber man ist hier immer noch von einer Energiequelle abhängig, sodass man hier noch relativ eingeschränkt ist. Große Schritte wird es auch in Sachen Stammzellenforschung geben.

 

Sie übergeben Ihrem Nachfolger im Oktober ein gut bestelltes Haus.Was geben Sie ihmaber persönlich mit?

Hess: Ich traue mich zu sagen, das beste Haus in Deutschland und eines der besten in Europa! Mein Nachfolger sollte aber selbst herausfinden, was er anders machen, was er weiterführen möchte. Aber wichtig ist: Empathie und Reflexion.