Ingolstadt
Eine Überdosis Koffein

Energydrinks in der Diskussion: Ernährungsexpertin Daniela Krehl über das Gesundheitsrisiko für Kinder und Jugendliche

16.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:07 Uhr

Ingolstadt (DK) Ein 16-Jähriger ist im US-Bundesstaat South Carolina an den Folgen einer Überdosis Koffein gestorben. Der Teenager sei zusammengebrochen, nachdem er innerhalb von zwei Stunden drei koffeinhaltige Getränke getrunken habe. Dies habe mit hoher Wahrscheinlichkeit Herzrhythmusstörungen ausgelöst, sagte der Gerichtsmediziner gestern. Auch bei uns stehen Energydrinks immer wieder in der Kritik. Ernährungsexpertin Daniela Krehl von der Verbraucherzentrale Bayern plädiert dafür, den Verkauf an Kinder und Jugendliche zu verbieten.

Frau Krehl, was steckt in einem Energydrink?

Daniela Krehl: Hauptsächlich sind es Zucker und Koffein. Der Zuckergehalt ist vergleichbar mit dem in Colagetränken, also bis zu 40 Stück Würfelzucker pro Liter. Beim Koffein ist es von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich, häufig sind es um 60 bis 80 Milligramm pro Dose. Ab 150 Milligramm pro Liter muss ein Warnhinweis für Kinder, Schwangere und stillende Frauen auf die Flasche, maximal 320 Milligramm sind erlaubt. Problematisch ist, dass Energydrinks inzwischen als Erfrischungsgetränke angesehen und auch in 1,5 Literflaschen verkauft werden. Für Kinder und Jugendliche ist das ein Anreiz, mehr zu trinken. Und preislich gibt es kaum einen Unterschied zu Limonaden mehr.

Gibt es aktuelle Zahlen zum Konsumverhalten?

Krehl: Einer Studie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit aus dem Jahr 2013 zufolge trinken 68 Prozent der 10- bis 18-Jährigen regelmäßig Energydrinks, häufig mehrmals die Woche. Bei den 3- bis 10-Jährigen sind es bereits 18 Prozent.

 

Welche Beschwerden können nach zu hohem Koffeinkonsum auftreten?

Krehl: Das können Bluthochdruck, Übelkeit, Herzflimmern und Krampfanfälle sein, aber auch ein Kreislaufkollaps. Zu viel Koffein kann bei Jugendlichen vor allem in Kombination mit Sport oder beim Tanzen gefährlich werden.

 

Welche Menge an Koffein pro Tag ist denn für einen Erwachsenen unbedenklich und welche für einen Jugendlichen?

Krehl: Für Erwachsene sind es vier bis fünf Tassen Kaffee pro Tag. Bei Kindern und Jugendlichen besteht ein Risiko, wenn sie mehr als 3 Milligramm Koffein pro Kilogramm Körpergewicht aufnehmen. Diese Menge erreicht ein Jugendlicher mit einem Gewicht von 54 Kilo mit 0,5 Litern Energydrink. Man hört immer wieder von Todesfällen in Zusammenhang mit übermäßigem Genuss dieser Getränke. Aber es gibt zu wenig Studien dazu und vor allem keine Langzeitstudien. Die Produkte sind noch nicht so lange auf dem deutschen Markt - etwa seit 20 Jahren. Bei uns waren sie zunächst verboten, sodass viele Menschen nach Österreich gefahren sind, um dort einzukaufen.

 

Es gibt Länder wie Litauen, in denen der Verkauf von Energydrinks an Minderjährige verboten ist. Wie stehen Sie dazu?

Krehl: Es ist eine ganz klare Forderung von uns, dass es ein Verkaufsverbot an Kinder gibt. Denn es stecken zu viele Gefahren in Energydrinks.

Aber verlockt ein Verbot nicht noch mehr zum Kauf?

Krehl: Schon. Und Jugendliche würden eine Möglichkeit finden, an die Getränke zu kommen. Aber es gäbe eine gewisse Hürde. Bei Zigaretten ist es schließlich auch gelungen: Die Zahl der jugendlichen Raucher ist zurückgegangen. Zudem ist Aufklärungsarbeit notwendig.

 

Was lässt sich bei der Kennzeichnung verbessern?

Krehl: Wichtig wäre, dass die Warnhinweise für Kinder, Jugendliche und Schwangere auf der Frontseite stehen und nicht nur ganz klein auf der Rückseite. Da sind wir am Kämpfen.

 

Die Fragen stellte Sandra

Mönius. Foto: Haas