Die These vom Einzeltäter Gundolf Köhler gerät ins Wanken

23.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:44 Uhr

Ingolstadt/München (ziu) Am 26. September 1980 um 22.19 Uhr explodierte in der Nähe des Haupteingangs zum Münchner Oktoberfest eine in einem Abfalleimer deponierte britische Mörsergranate. Sie war gefüllt mit rund eineinhalb Kilo militärischem Sprengstoff. Zwölf Wiesnbesucher kamen ums Leben, 211 zogen sich Verletzungen zu – 68 davon schwere. Der 13. Tote war Gundolf Köhler.

Die Ermittler der Soko Theresienwiese legten sich schnell fest: Der 21-jährige Student aus Donaueschingen, der unmittelbar neben der Bombe aufgefunden wurde und dem Verbindungen zu rechtsextremistischen Organisationen nachgewiesen wurden, war der Bombenleger – und er handelte alleinverantwortlich. Als der Bayerische Rundfunk seinen Hörfunkreporter Ulrich Chaussy mit der Aufarbeitung des Attentats beauftragte, zweifelte kaum jemand an dieser Theorie. Der damals 28-Jährige setzte sich mit der Familie Köhlers in Verbindung – und stieß im Zuge seiner Recherchen auf etliche Ungereimtheiten. 

Da war die Sache mit der abgerissenen Hand, die am Tatort gefunden wurde. Sie fehlte weder einem der bekannten Opfer, noch passte die Blutgruppe zu Köhler, dessen Körper völlig entstellt wurde. Da waren die 38 Zigaretten- und Zigarilloreste mit Speichelspuren, die in Köhlers Auto gefunden wurden und zweifelsfrei mehreren Personen zugeordnet werden konnten. Obwohl damit feststand, dass der mutmaßliche Einzeltäter nicht allein in seinem Auto nach München gefahren war, ging man dieser Spur nicht nach. Im November 1982 wurde der Fall schließlich eingestellt. 
 
Chaussy recherchierte weiter und wandte sich 2008 an die damalige Generalbundesanwältin Monika Harms. Er regte an, die abgerissene Hand mittels moderner DNA-Analysen untersuchen zu lassen. Man teilte ihm mit, im Dezember 1997 sämtliche Asservate des Attentats aus Platzgründen vernichtet zu haben. 
 
Mit dem Film „Der blinde Fleck“ wollte Chaussy das Thema für sich abschließen. Doch nachdem der Film im Juli 2013 im bayerischen Landtag gezeigt wurde, kam Bewegung in den Fall. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) öffnete die bis dato nicht zugänglichen Akten des Landeskriminalamts für Opfer-Anwalt Werner Dietrich. Der reichte im September 2014 einen Antrag auf Wiederaufnahme der Ermittlungen ein. Dem entsprach am 11. Dezember Generalbundesanwalt Harald Range. Auch deshalb, weil man von einer neuen Zeugin Hinweise erlangt hatte, die auf bisher unbekannte Täter hindeuten könnten.