Nürnberg
Furchtlose Forscherin

Zum 300. Todestag von Maria Sibylla Merian Von Schmetterlingen und Raupen, von heimischen Pflanzen und Exoten

12.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:48 Uhr

Foto: DK

Nürnberg (DK) Sie hat es auf den 500-Mark-Schein und in die "Emma" geschafft, ihr wurde ein Garten auf der Nürnberger Kaiserburg gewidmet und zahlreiche Schulen tragen ihren Namen: Maria Sibylla Merian war Forscherin, Künstlerin und Abenteurerin, sie war Unternehmerin, Lehrerin und Mutter. Sie war wissbegierig, mutig und scherte sich zeitlebens nicht um Konventionen.

Heute vor 300 Jahren ist die Pionierin, der die Nachwelt kunstvolle und naturgetreue Abbildungen der Pflanzen- und Tierwelt und eine Fülle an wissenschaftlichen Abhandlungen über Raupen und Schmetterlingen verdankt, im Alter von 69 Jahren in Amsterdam gestorben.

Maria Sibylla Merian wird als Tochter des berühmten Kupferstechers und Buchverlegers Matthäus Merian am 2. April 1647 in Frankfurt am Main geboren, wächst nach dessen frühem Tod bei dem zweiten Mann ihrer Mutter, Jacob Morell, auf. Der Blumenmaler fördert seine Stieftochter, die nicht nur talentiert den Umgang mit Farbe und die Kupferstecherei lernt, sondern mit 13 Jahren schon fasziniert ist von den blutlosen Lebewesen, aus denen sich die Schmetterlinge entwickeln. In einem Kästchen füttert das neugierige Mädchen Seidenraupen mit Maulbeerblättern. Vom Ei über Raupe und Puppe bis zum fertigen Falter, das Phänomen der Verwandlung in der Natur, wird fortwährend ihr Lebensinhalt. Naturwissenschaftlich und künstlerisch. Dabei ist Merian stets zupackend, kreativ und in ihrer Meinung eigenständig.

1665 heiratet sie den Nürnberger Maler Johann Andreas Graff und verdient als junge Ehefrau und Mutter zweier Töchter neben ihren Forschungen den Lebensunterhalt der Familie mit. Mit einer Stick- und Malschule, mit dem Verkauf von Malutensilien und Farben. Sie bemalt Atlas und Linnen für Fürstinnen und schmückt ein Feldherrenzelt mit bunten Blumen und Schmetterlingen. Und das Paar gibt die Stick- und Malvorlagen als dreiteiliges "Blumenbuch" heraus. 1682 kehrt sie nach Frankfurt zurück. Drei Jahre später scheitert ihre Ehe: Merian verlässt ihren Mann und schließt sich mit den beiden Töchtern den Labadisten, einer streng pietistischen Gemeinde im niederländischen Friesland an. 1691 siedelt sie mit ihren Töchtern nach Amsterdam um.

Ihr größtes Abenteuer sollte jedoch die Reise nach Surinam, in die damalige niederländische Kolonie in Südamerika, sein. Heutzutage würde man einen Blog darüber schreiben, einen Abenteuerbericht. Die 52-Jährige sticht mit ihrer zweiten Tochter, der 21-jährigen Dorothea Maria, furchtlos in See und geht auch in der Fremde unbeirrt ihren Forschungen nach. Auch wenn die Plantagenbesitzer ihr ungewöhnliches Interesse belächeln: "Die Menschen haben dort auch keine Lust, so etwas zu untersuchen, ja sie verspotten mich, dass ich in dem Land etwas anderes suche als Zucker." Sie sammelt und forscht in der Schwüle und Hitze des Dschungels, begeistert von der Farbenpracht und der Vielfalt der exotischen Tiere und Insekten. Nach zwei Jahren zwingen sie jedoch die Malaria und die Erschöpfung nach Europa zurück. Wieder genesen, veröffentlicht sie "Metamorphosis Insectorum Surinamensium", den Höhepunkt ihres Schaffens.

Maria Sibylla Merian führte ein emanzipiertes und intensives Leben. Bestimmt von selbst gewählten Umbrüchen stets vom kontinuierlichen Interesse an der Natur und der Kunst bestimmt. Im Vorwort des berühmten Surinambuchs schreibt sie: "Ich habe die Platten von den berühmtesten Meistern stechen lassen und das beste Papier dazu genommen, damit ich sowohl den Kennern der Kunst als auch den Liebhabern der Insekten Vergnügen und Freude bereite, wie es auch mich dann freuen wird, wenn ich höre, dass ich meine Absicht erreicht und gleichzeitig Freude bereitet habe."

BUCHTIPPS UND LESUNG

n Barbara Beuys: Maria Sibylla Merian. Suhrkamp, 2016, 18,95 Euro. Barbara Beuys liest heute um 19 Uhr im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg.

n Maria Sibylla Merian: Das Insektenbuch. Insel-Bücherei, 2015, 16 Euro.