München
Zwischen Pop und Politik

Rainhard Fendrich begeistert in der Münchner Olympiahalle

19.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:37 Uhr

München (DK) Obwohl es Samstag ist, erinnert das Konzert von Rainhard Fendrich stellenweise an das sonntägliche Kulturmagazin "ttt - titel, thesen, temperamente", das von seinem Landsmann Dieter Moor moderiert wird. Der große Austro-Popper musiziert intellektuell ansprechend auf hohem Niveau, politisiert aber auch viel, fast schon zu viel.

Passenderweise wird das Münchner Konzert vor 9000 Besuchern mit 14 Kameras aufgezeichnet und am Ostersonntag ausgestrahlt.

Fendrich startet ohne Schnörkel auf einer schmucklosen Bühne mit seinem großen Hit "Es lebe der Sport", aber man merkt schnell, dass heute etwas anders ist. Nicht nur das Arrangement des Gassenhauers ist ungewohnt und mehr Americana als Halligalli, auch die Performance der Musiker ist rockiger und intensiver, als von vielen erwartet. Weiter geht es mit dem Hit "Haben Sie Wien schon bei Nacht gesehen", bevor Fendrich, der durchwegs mit einer akustischen Gitarre vor seinem stattlichen Korpus agiert, das Publikum im "Stephansdom der Konzerthallen" begrüßt.

Klanglich bleibt der Schwerpunkt weiterhin auf Singer/Songwriter mit Folk- und Countryelementen, vergleichbar mit dem US-Kollegen John Mellencamp, aber inhaltlich wird es mit dem neuen Album "Schwarzoderweiss" deutlich politisch. Fendrich spricht bzw. singt die brennenden Themen unserer Zeit an und lässt von Asylpolitik über Demokratie, Populismus bis hin zu Donald Trump und Rassismus - "Rassismus ist keine Meinung, des is a Verbrechen" - nichts aus. Titel wie "Wer schützt Amerika" und "Frieden" sind aber auch melodisch groß, wobei die Fans ganz offensichtlich lieber die alten Sachen hören wollen. Die Begeisterung bei "I Am From Austria", das auf eine weitere kritische Moderation folgt, ist dementsprechend groß, und viele stehen von den Sitzen auf.

Nachdem in der ersten Hälfte die Songs stark, aber manche Ansagen fast schon belehrend waren, wird der gutgelaunte Fendrich in der zweiten Hälfte versöhnlicher. Er beginnt solo und akustisch mit "Macho Macho" und "Oben ohne" mehr komödiantisch als kritisch - man dankt es ihm. "Strada del Sole" macht dann Fendrich und Fans offensichtlich gleichermaßen Spaß. Wieder mit Band werden emotionale Stücke wie "Zwa Schlapf'n und a Sonnenbrü'n" vom 2013er Album "Besser wird's nicht" gemeinsam performt, ja vielmehr zelebriert. Die Musiker agieren dabei ebenso relaxed wie intensiv und setzen immer wieder Akzente.

Nach der Pause stimmt die Balance zwischen neuen und alten Liedern: ein früher Klassiker wie "Schickeria" und ein 1993er-Mitsingtitel wie "Midlife Crisis" ergänzen sich stimmungsfördernd ausgezeichnet. Natürlich geht es nicht ohne die Hymne "Weus'd a Herz hast wia a Bergwerk". Da gehen die Herzen in der Halle auf und die Lichter der Smartphones an.

Nach über zweieinhalb Stunden Leidenschaft auf der - und gegen Ende auch vor der Bühne - beendet der große Liedermacher den Spagat zwischen Pop und Politik, zwischen Kritik und Klamauk bravourös und hat einmal mehr seinen Jahrzehnte langen Erfolg gerechtfertigt.