München
Starke Inszenierung

Marilyn Manson im ausverkauften Münchner Zenith

19.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:11 Uhr

München (DK) Ein tatsächlicher Beinbruch ist für Marilyn Manson noch lange keiner im übertragenen Sinn. Trotz einer Knöchelfraktur bietet das Enfant terrible aus den USA am Samstagabend eine kurze, jedoch gekonnt inszenierte Show in München.

Zuvor versucht DJane Amazonica das ausverkaufte Zenith für Meister Manson vorzuheizen, was stellenweise sogar recht gut funktioniert. Die Blondine am Pult liefert alles andere als eine gewöhnliche Playlist ab. Hier werden Punk-, Metal- und Rock-Klassiker gesampelt. Am intensivsten reagiert das Publikum auf das berühmte Nirvana-Riff von "Smells Like Teen Spirit" und "Back In Black" von AC/DC - erst am Morgen war der Tod des langjährigen Gitarristen Malcolm Young bekannt geworden.

Kurz nach neun schlägt dann Mansons Stunde, und es fällt der Startschuss für eine ebenso originelle wie intensive Performance. Was Axl Rose von Guns N'Roses und Dave Grohl von den Foo Fighters können, nämlich gehandicapt im Sitzen "auftreten", das kann Manson schon lange. Dessen thronähnliche, schwarze und drehbare Sitzgelegenheit wirkt allerdings noch wesentlich diabolischer. Die Band ist dabei heute noch mehr Nebensache als sonst - und das nicht nur wegen der schwarzen Outfits. Nachdem sich der 48-Jährige vor Kurzem von seinem langjährigen Bassisten Twiggy Ramirez getrennt hat (aufgrund von Vergewaltigungsvorwürfen gegen diesen), sticht niemand mehr so richtig aus der Musikermasse heraus.

Die harten Rhythmen und scharfen Sounds für die Songs des Meisters liefern die Jungs aber perfekt ab. Kracher wie "Disposable Teens" und "mOBSCENE" wirken immer noch faszinierend. Aber besonders neue Stücke wie "Kill4me" und "We Know Where You Fucking Live" strotzen vor Power, wenn sich der amerikanische Künstler fast die Seele aus dem Leib singt und schreit. Dazwischen hört man immer wieder das Wort "München". Gleich zu Beginn hatte Manson sich für das zahlreiche Erscheinen trotz seiner Verletzung bedankt.

Die Not macht er in seiner Inszenierung kurzerhand zur Tugend. Wie schon früher bei Alice Cooper - musikalische und optische Parallelen sind nicht von der Hand zu weisen - sind heute Pfleger ein wichtiger Teil der Bühnencrew. Die helfen ihm bei seinen zahlreichen Outfitwechseln und dem Verlassen seines skurrilen Sitzes. Das wirkt dank mächtiger roter Beleuchtung stark und beinahe satanisch. Die Stimmung in der Halle ist gut, leidet aber immer etwas durch die Stille zwischen den einzelnen Stücken, in denen Manson meist für den nächsten Titel in irgendeiner Form präpariert wird.

Ein Highlight der finsteren Show ist das Eurythmics-Cover "Sweet Dreams (Are Made Of This)". Anschließend ringt sich MM gerade noch drei Nummern ab, bevor es an die Zugaben geht. "The Beautiful People" und "Cruci-Fiction In Space" beenden nach nur 75 Minuten einen Konzertabend, der irgendwo zwischen Messe und Krankenbesuch zu verbuchen ist. Brillant? Relevant? Auf jeden Fall intelligent und gekonnt inszeniert. Gute Besserung!