München
Heiße Eisen mit spitzer Feder

Ausstellung zur Sozialen Marktwirtschaft in der Karikatur

26.01.2016 | Stand 02.12.2020, 20:16 Uhr

Die einen sehen das leuchtende Gold - für die anderen überwiegt Schwarz: Der Kölner Cartoonist Dirk Meissner zeigt, wie unterschiedlich Deutschland von außen und von den Deutschen selbst gesehen wird. - Foto: Haus der Bayerischen Wirtschaft

München (DK) Ludwig Erhard, Vater der Sozialen Marktwirtschaft, steigt als "Phönix aus der Asche" aus den Kriegsruinen auf: So zeichnete Rolf Peter Bauer 1959 den Erfolg des deutschen Wirtschaftssystems. Der damalige Karikaturist des Hamburger Abendblattes ist einer von 31 politischen Zeichnern, deren Werke nun in einer Wanderausstellung gezeigt werden, um damit auf "Sieben Jahrzehnte Soziale Marktwirtschaft" zurückzuschauen.

Veranstalter der Schau ist die "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" (INSM), ein überparteiliches Bündnis aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.

Alfred Gaffal, Präsident der "Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft" (vbw), hob bei der Eröffnung der Ausstellung hervor, dass man der Sozialen Marktwirtschaft den heutigen Wohlstand und das hohe Niveau an sozialer Sicherheit verdanke. "Aber die Soziale Marktwirtschaft ist ständig der Gefahr ausgesetzt, ausgehöhlt zu werden."

Als Beispiele nannte er die Rente mit 63, die Frauenquote und die Mindestlöhne. Deshalb unterstütze die vbw die Ausstellung, die "mit einem Augenzwinkern" die Bedeutung der Sozialen Marktwirtschaft für den Fortschritt zeige.

Die rund 60 ausgestellten Karikaturen regen mal zum Schmunzeln, mal zum Nachdenken an. Die Themen, die zwischen 1949 und 2015 in Angriff genommen wurden, sind vielfältig - vom Wirtschaftswunderland der Nachkriegszeit bis zum 3D-Drucker und Roboter der Gegenwart. Oft, so scheint es, ist die Situation apokalyptisch.

Wolfgang Hicks zeichnet 1979 die Verschuldung der Bundesregierung als steil ansteigende Kurve und lässt Kanzler Schmidt kommentieren: "Hauptsache ist schließlich, dass es aufwärtsgeht." Und 1996 zeigt der berühmte Horst Haitzinger die BRD als kleines Boot am Abgrund eines Wasserfalls, in dem weder Kanzler Kohl noch die Vertreter der Arbeitnehmer und Arbeitgeber rudern mögen.

Steuern und Löhne, Bürokratie und Beamtentum, Sozialhilfe und Renten sind durch die Jahre heiße Eisen, die von den Karikaturisten angepackt werden. Wie eng Familienpolitik und Wirtschaft miteinander verbunden sind, nimmt Klaus Stuttmann 2015 aufs Korn, wenn ein Paar an einer Bank vorbeiläuft mit dem Kommentar: "Sparen lohnt sich nicht bei den Zinsen! Wir sollten uns um Nachwuchs kümmern, da gibt es jetzt vier Euro mehr Kindergeld!"

Nicht immer braucht eine gute Karikatur viel Text. Manchmal genügt eine aussagekräftige Skizze mit spitzer Feder wie die von Jan Tomaschoff zum Pisa-Test 2002, wo eine Kinderkrankenschwester schon den Neugeborenen Mathematik-Unterricht erteilt. Und Burkhard Mohr verbildlicht 1998 das demografische Ungleichgewicht, wenn ein Jugendlicher mit seinen Armen das Gewicht von zwei alten Menschen stemmt - dazu die ironische Unterzeile "Einer trage des anderen Last". Die Rettung sieht Mohr 2011 auf dem Meer, wenn das große Deutschlandschiff ausländische Fachkräfte von einem Floß rettet und untertitelt: "Retter in der Not, doch wer rettet hier wen" Der Fachkräftemangel in der deutschen Wirtschaft wird so auf den Punkt gebracht.

Die Ausstellung "Sieben Jahrzehnte Soziale Marktwirtschaft" ist im Haus der Bayerischen Wirtschaft in München, Max-Joseph-Straße 5, bis zum 29. Januar zu sehen (Öffnungszeiten täglich von 9 bis 18 Uhr). Danach tourt die Wanderausstellung zwei Jahre durch öffentliche Institutionen und Banken in Deutschland.