München
Ghost mit Mystik und Metal

Es lebe die Show: Die frischgebackenen Preisträger des Swedish Grammi Award feierten Okkult-Messe in München

24.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:15 Uhr

Ernst gemeint? Egal. Ghost sorgen einfach für eine plakative Inszenierung. - Foto: Buchenberger

München (DK) 21.15 Uhr - eine etwas ungewöhnliche Zeit für eine Messe am Sonntag. Es ist aber auch eine mehr als ungewöhnliche Feier, die Ghost aus Schweden da im Zenith zelebrieren. Mehr Satan und Sex als Sakrales, und mehr Rock als Choral.

Wobei die frischgebackenen Preisträger des Swedish Grammi Award sich die Optik der katholischen Kirche durchaus zunutze machen, sie aber auch im wahrsten Sinne des Wortes umdrehen. Mitra und Robe des als Totenschädel geschminkten Sängers Papa Emiratus und die schwarzen Hemden seiner Musiker, auch Nameless Ghouls genannt, zieren umgedrehte Kreuze.

Sogar im Publikum sieht man den ein oder anderen Papst in vollem Ornat und etliche Fans mit silbernen Ghoul-Masken. Nachdem das Konzert vom benachbarten Kesselhaus wegen der großen Nachfrage ins Zenith verlegt wurde, ist aber auch eine Menge Platz für derlei Späße und Extrovertiertheiten.

Der musikalische Auftakt fällt mit spacigen und progressiven Klängen des Instrumentalduos Zombi etwas unerwartet aus, aber die gut 2500 Besucher lassen Loops und Keyboard-Sounds geduldig und ansatzweise wohlwollend 45 Minuten lang über sich ergehen, schließlich steht die große Messe bevor.

Die dann klanglich und vor allem optisch eine ziemlich beeindruckende Wirkung hat! Papa Emeritus III. und seine maskierten Musiker legen mit melodischer Macht und "Square Hammer" und "From The Pinnacle To The Pit" kraftvoll los, wozu Fäuste und Köpfe des Publikums voll mitgehen. Vor Bannern in Kirchenfensteroptik - "natürlich" mit satanischen Motiven - und mit gezielten Lichteffekten entfaltet der einfache, aber durchdachte Okkult-Rock der weltweit erfolgreichen Schweden tatsächlich große Strahlkraft. Wenn zwei der namenlosen Musiker mit identischen schwarzen und weißen Gitarren am Bühnenrand stehen, und der Sänger huldvoll die Stimme erhebt, dann hat das schon etwas Erhabenes. Wie ernst die Schweden dabei die Satanssache meinen, tut aufgrund der Griffig- und Riffigkeit von eingängigen Songs wie "Devil Church" oder der Grammy-prämierten Nummer "Cirice" nichts zur Sache, denn der Unterhaltungswert ist ebenso groß wie die Gesten von Ghost.

Im Verlauf der Show tauscht Papa Emeritus die Robe gegen einen historisch anmutenden Gehrock, hält aber Mystik und Metal weiterhin hoch. Die Band rockt wie aus einem Guss, und allein an den Posen merkt man die Professionalität der Beteiligten. Angeblich sind bei Ghost zahlreiche Musiker aus anderen bekannten und erfolgreichen schwedischen Formationen tätig. Abgesehen davon funktioniert Personenkult auch ohne tatsächliche Namen, wie der mittlerweile dritte Sänger in der Bandgeschichte, der auch gerne mal das Weihrauchfässchen schwenkt, mit seinen poppigen Predigten beweist.

Mit der bezeichnenderweise "Ritual" genannten Nummer geht Selbiges hymnisch mit viel Rauch unter Konfettiregen zu Ende. Nach einer einzigen Zugabe, die inhaltlich eher erotischer als satanischer Natur ist. Geheimniskrämerei hin oder her - die Show war ausgezeichnet.