München
Der König ist tot

Die Komödie im Bayerischen Hof verspielt die Bühnenversion von "The King’s Speech"

19.09.2013 | Stand 02.12.2020, 23:39 Uhr

München (DK) Der späte Vogel killt den Wurm. Wenn ein verdienstvoller Journalisten-Ruheständler wie Helmut Markwort sich einen Lebenstraum erfüllt – dann ist das schön und gut, aber vor allem seine Privatsache.

Da man aber Theater nicht im stillen Kämmerlein zu spielen pflegt, saß am Mittwoch sehr viel Münchner Publikum auf den Sesseln in der Komödie des Bayerischen Hofes und wartete auf „The King’s Speech“. Focus-Erfinder König Markwort als Georg V. von England und Winston Churchill – das ist doch was.

Oder eben auch nicht. Nach seinen Auftritten an diesem Abend, der zwar vorbeiging, aber gefühlt endlos dauerte, war klar: Man sollte das Schauspielern, zumal vor zahlendem Publikum, besser jenen überlassen, die das Handwerk gelernt haben. Nur war leider an diesem Abend auch abgesehen von den maskenseligen Sprech-Übungen des Society-Zugpferds die künstlerische Ausbeute mager. Vielleicht hat einfach der Übertrag der Tournee-Produktion, die 2012 wohl durchaus erfolgreich gespielt wurde, auf die Münchner Bühne bei teilweise neuer Besetzung nicht geklappt. Erstaunlich schwach kamen nämlich auch zwei gelernte Schauspieler der Originalbesetzung über die Rampe, von denen man weitaus bessere schauspielerische Leistungen gewohnt ist: Dem in In- und Ausland als Filmschauspieler umjubelten Götz Otto als König „Bertie“/ Georg VI. wollte der feinbalancierte Spagat zwischen dem verquälten Familien-Schandfleck und dem in dieser Elendsfigur verpuppten, integrem und witzigen Mann nicht überzeugend gelingen. Sein Partner Steffen Wink, von dem man auf der Leinwand feine Schauspielstudien kennt, verließ sich diesmal in der Rolle des Therapeuten leider auf unpointiertes Knall-Chargen-Spiel. Hinzu kamen ein verpfuschtes Timing, schlecht sitzende Kostüme und eine mühsam dahinscheppernde Stückdramaturgie.

Es ist einfach kein „well-made play“, das hier mit einer erfolgreichen Filmbiografie in Konkurrenz tritt. Die Kinovariante von „The King’s Speech“ aus dem Jahr 2010 wurde immerhin mit vier Oscars dekoriert und brachte, grandios besetzt, als Zwitter zwischen psychologischem Kammerspiel und Historienschinken auch einen Kassenerfolg. Den Stoff vom stotternden Prinzen und seinem Sprachtherapeuten hatte Drehbuchautor David Seidler, der selbst als Folge einer kindlichen Traumatisierung einst stotterte, zwar eigentlich für die Bühne vorgesehen, auf Anraten seiner Agentur wurde aber dann ein Filmdrehbuch daraus. Glücklicherweise!

Die Schauspielversion ist gegenüber dem Film nicht wenig und durchwegs unglücklich verändert: Der Sprachtherapeut, im Film ein honoriger Erfolgsmann – wenn auch ohne Doktortitel – von beträchtlichem Wohlstand und behaglichem Familienleben, ist auf der Bühne als plumper Scharlatan gezeichnet. Derartige Überspitzungen in grell-plakativen Farbtönen, welche auch der Rolle des Königs für die Bühne aufgepinselt wurden, bekommen dem zart verinnerlichten Stoff nicht gut.

Aber vielleicht hätte der Regisseur Helmuth Fuschl auch einige der Plattitüden und Grobheiten seiner Bühnenfassung verhindern können – wenn er sich nicht allzu willig der dreifachen Zugpferdnummer „Royalty, Oscar, Markwort“ auf dem Leim gegangen wäre. Das Theater bietet, ähnlich optimistisch, für dieses Programm bereits Zusatztermine an.

Weitere Vorstellungen noch bis 2. November.