Ingolstadt
Weber warnt

Kabarett über Werbetricks und Manipulation mit großer Lacher-Dichte

12.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:31 Uhr

"Weber No. 5" hat Philpp Weber sein neues Programm genannt, das er am Samstagabend in der Eventhalle präsentierte. - Foto: Poese

Ingolstadt (DK) Philipp Weber ist nervös. Sein neues Programm "Weber No. 5" wird er heute, an diesem Samstagabend in der Ingolstädter Eventhalle, erst zum neunten Mal spielen. "Ein neues Programm ist wie ein neues Paar Schuhe", erklärt der Unterfranke. "Es muss sich noch einlaufen."

Das heißt: Weber muss ausprobieren, ob die Pointen funktionieren. "Ich mache das jetzt seit zwölf Jahren", sagt der Träger des Bayerischen und des Deutschen Kabarettpreises, "aber ich habe manchmal das Gefühl, dass ich immer noch nicht verstanden habe, wie Pointenschreiben geht." Eineinhalb Stunden vor seinem Auftritt verabschiedet sich Philipp Weber in die Garderobe, um sich mit dem Text für den Abend zu beschäftigen - 40 Seiten.

In der Zwischenzeit kommen rund 170 Zuschauer, um einen der bekanntesten Künstler im Programm der diesjährigen Kabaretttage zu sehen. Philipp Weber flitzt in seiner hektischen Art auf die Bühne und heizt mit großen Gesten den Applaus des Publikums an. Heute, hat der 42-Jährige vorher noch verraten, sei er besonders auf die Gunst seiner Zuhörer angewiesen, weil er sonst schnell unruhig werde. Darüber braucht er sich an diesem Abend keine Sorgen zu machen. Die Ingolstädter haben sich schnell warmgelacht. Weber wählt die Werbeslogans von Städten zum Einstieg - bei Ingolstadt heiße der ganz schlicht "an der Donau". Früher sei das doch irgendwas mit "Ingolstadt - sehenswert und schön" gewesen. Da habe sich der Tourismusverband wohl inzwischen gedacht: "Na ja, bleiben wir mal lieber bei der Wahrheit." Er legt nach: Der Slogan "Be Berlin" habe den Steuerzahler 10 Millionen Euro gekostet. "Für das Geld kann man doch zwei Wochen lang so tun, als würde man einen Flughafen bauen!"

Damit ist Weber schon beim Thema. Es geht um die Tricks, mit denen Marketing die Verbraucher manipuliert. Das schließt logisch an seine vorherigen beiden Programme an. Darin ging es um Ernährung und Lebensmittelindustrie, um Trinkkultur, Genuss und Sucht. Und natürlich tauchte auch dort schon die Macht der Werbung auf - wenn sie zum Beispiel süße und fettige "Kinderlebensmittel" als gesund verkauft. Mit solchen Themen ist es Philipp Weber ernst. Er spielt auch in Schulen oder im Zusammenhang mit Suchtprävention. Dabei will er aber nicht dogmatisch sein, das betont er oft.

Seine Botschaft soll trotzdem ankommen. Und so mischen sich unter die Pointen, die Weber in einer Geschwindigkeit abfeuert, als würden sie ihm nie ausgehen, zwischendurch ernste Appelle: "Jemand, der euch manipulieren will, wird über die Gefühle gehen." Er warnt, dass die Pharmaindustrie mit Ängsten spiele und zusammen mit ständig neuen Krankheiten - zum Beispiel weibliche sexuelle Dysfunktion - gleich das passende Gegenmittel erfinde: Pink Viagra. Der Wirkstoff sei nur ein Antidepressivum. "Mädels, lasst euch nicht verarschen", sagt er eindringlich. "Im Ernst, das ist keine Komik jetzt." Der Rahmen für all das ist die Geschichte von seinem Marketingagenten Mat, der Denglisch spricht und ständig Ideen hat: Weber soll für Redbull Fallschirm springen oder das Gesicht für eine biofaire Kosmetikmarke werden. Das Publikum amüsiert sich gut, während Weber durch seine scharfsinnigen Pointen und seine Themen rast: pränatales Marketing, Impulskäufe, Pannen bei Kampagnen, Rechtspopulismus, geplante Obsoleszenz. Alles ist gründlich recherchiert und großartig aufbereitet.

Zur Hochform läuft Weber auf, als er sich in eine Geschichte über seine Leidenschaft für Küchengeräte hineinsteigert. Das Publikum japst schon vor Lachen, da brüllt er: "Und jetzt ratet mal, was ich für einen Grill hab'" Die Adern an seinem Hals treten hervor. "Weber!" schallt es zurück und das Gelächter kennt kein Halten mehr. Entsprechend groß ist der Applaus. Philipp Weber hat die Ingolstädter für sich gewonnen mit seiner irrsinnigen Komik und seinen Denkanstößen - und vor allem mit der unglaublichen Lacher-Dichte seines neuen Programms.