Ingolstadt
Verquere Logik

Jo Strauss gibt sich in Ingolstadt dem schwarzen Humor hin

07.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:51 Uhr

Glamouröse Morbidität: Jo Strauss in der Neuen Welt. - Foto: Knobloch

Ingolstadt (DK) Ösi-Special zum Vierten - und wieder ein ganz besonderer Typ: Nach dem Blonden Engel vergangene Woche hat nun mit Jo Strauss eine weitere ganz besondere Kunstfigur die Bühne der Neuen Welt eingenommen und sich mit seiner Band der "österreichischen Affinität zur glamourösen Morbidität" hingegeben. Der studierte Philosoph schreibt herrliche Lieder, die zwar melancholisch, ja beinahe depressiv anmuten, aber dennoch einen augenzwinkernden schwarzen Humor in sich tragen.

Nicht zuletzt ist es seine Stimme, die Jo Strauss so zu modulieren vermag, dass der ganz spezielle, raue, fast gurgelnde und aus der Tiefe des Kehlkopfes kommende Klang die Stimmung der Lieder eins zu eins wiedergibt. Egal, ob ein Stück über eine ausufernde Wohnungseinweihungsparty, den toten Großvater oder den Wunsch, ein Rennfahrer zu sein - verquere Logik und wabernde Gedankenfetzen sorgen für ganz besondere Momente.

In "Blauboad" wetzt Schlagzeuger Tobias Wagner gar die Fleischermesser und benutzt diese als Stickersatz - das ist wahrlich ein eigenwilliger Frauen-Killer-Song im Quentin-Tarantino-Style. Dafür sorgt nicht zuletzt der Gitarrenklang von Lukas Höfler, der meist entspannt über die Saiten schrammelt, aber auch das ein oder andere Mini-Solo einstreut. Dazu noch der gemütlich darunter groovende E-Bass von Dario Schwärzler und das federleicht-virtuose Klavierspiel von Simon Raab: Fertig ist der perfekte Jo Strauss Bandsound!

Der Abend hätte so schön sein können, doch leider wurde das Publikum nach jedem kurzen Abtauchen in den musikalisch-lyrischen Whirlpool des Wortkünstlers wieder an die Oberfläche gerissen und minutenlangen Geschichten ausgesetzt, die meist weder mit den Songs zu tun hatten, noch sich durch besonders witzige Pointen hervorgehoben haben. Philosophieren ist das Eine, dabei auch noch unterhaltsam zu sein ist das Andere. So hat Jo Strauss sich selbst keinen Gefallen getan, seine hochwertige musikalische Darbietung mit kabarettistischen Einlagen in Überlänge zu zerteilen wie die Leichen, die er in seinen Liedern besingt.

Wem also vor allem die Wiener Lieder im Pop-, Swing- oder Indierockgewand gefallen haben, dem sei ein Erwerb des am 6. April erscheinenden zweiten Albums des Künstlers mit dem Titel "Der blinde Fleck" ans Herz gelegt. Hier kann sich der Zuhörer entspannt den wunderbaren Texten wie: "A rostiga Pfeil der mi mittn ins Herz trifft, dann steckn bleibt und des Fleisch vergift" aus der Nummer "I werd di verliern" hingeben. Jo Strauss ist definitiv ein aufsteigender Stern am deutschsprachigen Liedermacher-Himmel!