Ingolstadt
Verlierer und Verlorene

"Das blaue blaue Meer" hat am Freitag im Reduit Tilly Premiere

27.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:52 Uhr

Enrico Spohn spielt in der ersten Regiearbeit von Mona-Julia Sabaschus den Hauptdarsteller Darko. - Fotos: Stadttheater Ingolstadt

Ingolstadt (DK) Eine anonyme Plattenbausiedlung irgendwo in einem sozialen Brennpunkt, wo Selbstmord zum Alltag gehört und das Dasein nur mit Alkohol zu ertragen ist: Hier lässt der Dramatiker Nis-Momme Stockmann sein Stück "Das blaue blaue Meer" spielen, das Mona-Julia Sabaschus für ihre erste Regiearbeit ausgewählt hat. Eine Inszenierung im Rahmen der Downtown-Reihe des Ingolstädter Stadttheaters, die die unterschiedlichsten Orte der Stadt mit Theater belebt.

Diesmal wird im Reduit Tilly gespielt, in einem leer stehenden Raum, der über den Innenhof zu erreichen ist. "Der Raum hat nichts mit der Szenerie zu tun, die im Stück beschrieben wird, aber ich fand ihn sehr spannend - es ist wie ein Drinnen, aber trotzdem ist das Draußen vorhanden. Es gibt hohe Fenster. Ein bisschen wirkt er wie ein Kerker", sagt Mona-Julia Sabaschus. Auf jeden Fall ist der Raum eine große Herausforderung.

Die 27-Jährige stammt aus Bremen und ist seit drei Jahren Regieassistentin am Stadttheater. Die erste Regiearbeit ist für sie "ein Experiment". "Natürlich will man einen Knaller abliefern, aber es ist ein erstes Suchen und Finden. Ein erster Umgang mit professionellen Schauspielern an einem professionellen Theater. Die erste Stufe auf einem hoffentlich noch längeren Weg", sagt sie. Ihre Darsteller Enrico Spohn, Mira Fajfer und Yael Ehrenkönig kennt sie bereits aus anderen Produktionen.

Stockmanns Stück erzählt von Existenzen am Rande, von Darko und Motte, von Verlierern und Verlorenen, von Säufern und Gelegenheitsprostituierten, von Missbrauch und Tod, von Sehnsucht und Rausch, von brüchiger Liebe und flüchtiger Hoffnung. Aber vor allem stellt Stockmann Fragen. Fragen nach Verantwortung und Schuld beispielsweise. Beantworten tut er sie nicht. Stockmann legt keine Milieustudie vor. "Er erfindet einen sehr reflektierten Protagonisten, der seine Situation genau einordnen kann. Aber er kann sie nicht ändern. Darin steckt das tragische Potenzial", sagt Mona-Julia Sabaschus. Gerade in Zeiten von Selbstoptimierung, von Perfektion, dem Streben nach einem Ideal lenkt Stockmann den Blick auf Verhältnisse, die sind, wie sie sind.

Es ist ein komplexer Text, anarchisch und poetisch, einer der zwischen Erzähl- und Spielszenen changiert, der vieles nur andeutet. Welches Geheimnis verbirgt Darkos Mutter? Was liegt unter dem Rasenstück bei Block K.? Was hat Meese Motte angetan? Auch das ist eine Herausforderung, sagt Mona-Julia Sabaschus: "Man muss beim Inszenieren eine Lupe drauflegen und Verbindungen schaffen."

Premiere ist am Freitag um 20 Uhr im Bayerischen Armeemuseum/ Reduit Tilly. Weitere Termine: 2., 8., 12., 15. und 20. Juli. Karten unter Telefon (08 41) 30 54 72 00.