Ingolstadt
Pleiten, Pech und Pannen

Django Asüls hintersinniger Jahresrückblick im Audi-Forum

12.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:05 Uhr

Django Asül gastierte mit seinem Programm "Rückspiegel" in Ingolstadt. - Foto: Wirtz

Ingolstadt (DK) Ein Weißbierglas steht einsam auf dem Stehtisch einer Bühne. Wenn sich dann auch noch das Jahr dem Ende neigt, weiß der erfahrene Audi-Forum-Besucher, dass Kabarettist Django Asül nicht lange auf sich warten lassen wird. Schließlich blickt er bereits zum siebten Mal für die Ingolstädter in den "Rückspiegel" - und der Genuss eines Weißbiers gehört für ihn ohnehin zu jedem Auftritt. Zwei Vorstellungen hat er im Audi- Forum gegeben - beide waren ausverkauft. Seinen Erfolg erklärt sich der Niederbayer so, dass seine Fans schon gar nicht mehr Nachrichten sehen, da sie sämtliche Katastrophen ja eh von ihm im Jahresrückblick präsentiert bekommen.

Zur Einleitung und auch zum Abschluss seiner Ansprache zitiert er das Sprichwort eines einzigartigen Staatstheoretikers der heutigen Zeit, Lothar Matthäus: "Wäre, wäre, Fahrradkette." Dieser Spruch soll das Motto des Abends sein, ausgelassen wird keine Panne. Ganz egal ob die Fettnäpfchen des Twitter-Königs Donald Trump, eine polizeiinterne Bezeichnung "Nafri" für nordafrikanisch aussehende Personen, die vermutliche Sehschwäche der Assistenten beim DFB-Videobeweis, die Ausschreitungen beim G20-Gipfel oder die Absurdität der deutschen Bürokratie: Der Kabarettist treibt alles auf die Spitze.

Aufgrund von heutigen zahlreichen Unsicherheiten spendet Django Asül seinen Zuhörern Trost, einen letzten Funken Kontinuität konnte er ausmachen: Das Drama um den Bau des Berliner Flughafens bleibt Deutschland erstmal erhalten, mindestens bis 2021. Da hilft nur noch eines: abbrennen. Den perfekten Täter dafür hätte Django Asül auch schon parat: Pjotr Pawlenski. Der russische Aktionskünstler hatte im Oktober eine Bankfiliale in Paris angezündet. Ganz generell hat er für sämtliche Konflikte die passende Lösung parat.

Politik könne doch so einfach sein, scheint es zumindest an diesem Abend. Bei der Umsetzung von Thomas de Maizières Grundsätzen für eine deutsche Leitkultur (Punkt eins "Wir sagen unseren Namen") scheitert er als integrierter Vorzeige-Bayer mit türkischen Wurzeln jedoch kläglich. Schließlich ist man Fremden gegenüber erstmal misstrauisch, bevor man irgendjemandem seinen Namen sagt.

Den Großteil seines Programms widmet er der Bundestagswahl und den Folgen. Großer Verlierer ist auch hier Martin Schulz. Die gescheiterten Sondierungsgespräche dürfen ebenfalls nicht fehlen, und seine Fantasie über eine Jamaika-Koalition hinterlassen einen süßsauren Nachgeschmack: Parteivorsitzende in Bikini oder Neoprenlederhosen am Strand von Jamaika liegend, und die Unerfahrensten von ihnen treiben mit Schwimmflügeln davon. Trotz der damals kaum auszuhaltenden Spannung des Franko-Westerns (Wird Joachim Hermann bei einem Revolverduell gegen Markus Söder im Kampf um das Ministerpräsidentenamt antreten) ist der Kabarettist doch froh, dass sich bei der Pressekonferenz von Markus Söder und Horst Seehofer alles zum Guten gewendet hat. Bei der Erklärung zu einer Doppelspitze hat der "Scheinheiligenschein" über den beiden besonders hell gestrahlt, und der Friede in Bayern wurde gewahrt. Und als Django Asül damit fertig ist, alle Streithähne abzuwatschen und plötzlich nur noch ein einziger aus dem Publikum lacht, sagt er: "Das muss von den Freien Wählern sein."

Eine spitze Zunge, genügend Skandale als Steilvorlagen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft - mehr braucht der Niederbayer nicht, um seinem Publikum einen kurzweiligen und temporeichen Abend mit ernstem Hintergrund und vielen Lachern zu verschaffen.