Ingolstadt
Mut zum Risiko

Flirrender Minimalismus: Das Songbirds Collective in Ingolstadt

05.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:24 Uhr

Foto: Karl Leitner

Ingolstadt (DK) Die drei Ladys auf der Bühne der Neuen Welt machen es sich nicht leicht. Jede von ihnen verfolgt eine eigene Solokarriere, ist aber zugleich mit den Kolleginnen als Band mit dem Namen Songbirds Collective unterwegs.

Es gilt also, sich das zweistündige Set aufzuteilen, sich mit einem Kurzprogramm zu begnügen und als eigenständige Künstlerin nur wenig Zeit zu haben, um das Publikum zu packen.

Was Rachelle Garniez aus New York, Kyrie Kristmanson aus dem kanadischen Ottawa und Daisy Chapman aus dem englischen Bristol auf keinen Fall wollen, ist die Konkurrenzsituation. Deswegen mischen sie auch immer wieder gemeinsam vorgetragene Stücke ins Programm, treten also bereits von Beginn an ganz bewusst als Kollektiv auf. Hier machen nicht drei Singer/Songwriterinnen nur deswegen gemeinsame Sache, weil eine allein die Säle nicht vollkriegen würde, nein, hier steht eine Band mit Bandkonzept.

Wobei die drei, hört man genauer hin, freilich unterschiedlicher kaum sein könnten. Kyrie Kristmanson ist diejenige, die mit Elfenstimme überaus fragile, diffizil arrangierte, sperrige Songs über Parallelwelten und mystische Fabeln singt. Mit Gitarre und Harmonium-Sounds aus dem Sampler macht sie sich sogar über eine alte Gospelnummer her. Flirrender Minimalismus, melodische Läufe, die auf beeindruckende Weise neben der Spur laufen, sind ihr Markenzeichen. Sie setzt da an, wo vor ihr Kate Bush oder Björk aufgehört haben. Daisy Chapman ist diejenige mit der größten Bodenhaftung. Sie kommt aus der britischen Folkecke, verleugnet aber auch Einflüsse aus dem Popbereich nicht. Ihre Songs über den "Shameless Winter" und "Jealous Angels", eine blutrünstige Ballade, ihr "Good Luck Song" aus dem im November erscheinenden gleichnamigen Album sind nicht unbedingt einfache Kost, aber vergleichsweise leicht zugänglich.

Vor allem dann, wenn man nachher die von Rachelle Garniez hört. Wenn sie sich ans Klavier setzt, meint man einen Augenblick lang, die in der Neuen Welt ja bestens bekannte Stephanie Nilles - die bezeichnenderweise selber mal Mitglied des Songbirds Collectives war - zu hören. Sie ist als Mitglied der Avantgarde-Bluesband Hazmat Modine diejenige mit der längsten Erfahrung und auch die mit der größten stilistischen Bandbreite. Sie ist Chansonette, Diva und Großstadtgewächs mit scharfzüngigem Witz und Esprit. Ihre ironische Hommage an Jean Claude van Damme und ihr "New York Minute" sind wahre Preziosen.

Ein Schuss Exzentrik, ein klein wenig Avantgarde, gehörig Mut zum Risiko, die Lust anders zu sein und vor allem anders zu klingen als der Rest - das haben sie alle drei gemeinsam. Genau das macht den Abend so überaus interessant Und obendrein macht die Sache auch noch Spaß. Was will man mehr!