Ingolstadt
Mit Talent und Stöckelschuh

26.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:30 Uhr

Ingolstadt (DK) Das Fräulein war jung, schön und talentiert, man erwartete Großes von ihm. Doch Fanny von Ickstatts Leben endete 1785 abrupt auf dem Boden vor der Münchner Frauenkirche: Vom Nordturm gestürzt hatte sich die 17-Jährige aus adeligem Ingolstädter Geschlecht, weil ihr ihre Mutter die Heirat mit dem Geliebten verboten hatte.

Nun hat Fanny freilich posthum einen Auftritt, der ihr gefallen hätte: Bei den Ingolstädter Künstlerinnentagen steht sie für einen Sonntagvormittag im Mittelpunkt des Interesses. Dann nämlich, wenn die Wissenschaftlerin Maria Magdalena Leonhard, die die späten Beweise für den Selbstmord Fannys fand, im Barocksaal des Stadtmuseums aus ihrem Buch "Stern unter den Schönen - ein Skandal am Münchner Hof" über Fannys Schicksal liest.

Es gibt einige solcher kleinen feinen Schmankerln beim 22. Durchlauf des Festivals "Der Oktober ist eine Frau" - ein filmisches Porträt über die so renommierte wie polarisierende Autorin Sibylle Berg im Audi-Kino, die Textcollage der Schauspielerin Sabine Wackernagel über "Raben- und andere Mütter" im Altstadttheater oder die Ausstellung der beiden jungen, aus Ingolstadt stammenden Schwestern (und akademischen Künstlerinnen) Anna und Juliane Schölß, die mit der Vernissage ihrer Schau das Festival am 25. September eröffnen. Unspektakuläre, dabei hochqualitative Veranstaltungen sind das (auch der Vortrag über weibliche Braugeschichte in der Fasshalle gehört dazu), deren große Anzahl - womöglich - der städtischen Haushaltssperre geschuldet ist. Mit 9000 Euro weniger, also mit 51 000 Euro Etat, müssen Projektleiterin Gerti Achtner und ihr Team zurechtkommen; freilich sorgen zahlreiche Sponsoren dafür, dass das Festival mit 22 Veranstaltungen so umfangreich ausfällt wie eh und je und trotzdem noch bekannte Namen vorhanden sind.

Beispielsweise der der norwegischen Band Beady Bell um Beate S. Lech, die mit ihrer Musik aus Folklore, Pop, Jazz und Elektronik im Diagonal gastiert; China Moses, die Tochter von DeeDee Bridgewater dagegen reist mit Jazz und Soul aus Paris ins Kulturzentrum neun an. Überhaupt spielt Musik die größte Rolle beim Festival: Es gibt eine Brasskapelle, Songs unplugged, Folk, sephardische Klänge, "die kleinste swingende Bigband der Welt" oder das Duo blind & lame, bei der Mutter (blind) und Tochter (Rollstuhl) miteinander musizieren.

Im Kabarett, weitere tragende Säule des Festivals, sind diesmal vielversprechende Newcomerinnen am Zug - Christine Eixenberger etwa, die Österreicherin Sigrid Spörk oder die mit dem Swiss Comedy Award gekrönte Bernerin Lisa Catena -, während in der Literatur der (Heimat)Krimi dominiert: in Form eines Krimi-Frühschoppens im Mo mit Susanne Rößner und dem Auftritt der Mörderischen Schwestern, einer Vereinigung von Krimischreiberinnen (siehe unten).

Den größten Namen hat das Festival aber dem 3. Oktober zu verdanken. Die Reihe "Reden zur Deutschen Einheit\" wurde kurzerhand in die Künstlerinnentage integriert, weshalb man nun in der VHS die zweimalige Bundespräsidentenkandidatin Professorin Gesine Schwan, begrüßen kann.