Ingolstadt
Männer und Frauen

02.02.2014 | Stand 01.02.2017, 14:43 Uhr

Studentinnen aus Eichstätt zeigten ihre Literaturperformance in der Open-House-Reihe - Foto: Rössle

Ingolstadt (ksd) Sie kommen nach und nach zusammen in diesen intimen Frauenraum, sitzen auf goldenen Podesten, greifen nach den Orangen im Korb. Schälen, essen, zuhören. Denn eine erzählt – und es ist zunächst ein bisschen, als hörte man eine Geschichte aus Tausendundeiner Nacht.

Aber nein: Es ist Fleißers „Ein Pfund Orangen“, als böses Märchen gerafft in ein paar Sätze (armes Mädchen liebt reichen Herrn, erhofft sich Erhebung, wird enttäuscht, begeht Selbstmord). Und die Haremsmädchen sind junge heutige Frauen, eingesperrt in die alte Geschichte von Männern und Frauen.

Es ist ein starker Anfang, mit dem sieben Studentinnen aus dem Projektseminar „Junges Theater meets Marieluise Fleißer“ der Uni Eichstätt ihr Publikum in der Werkstattbühne packen – und es geht stark weiter. Mit szenischem Spiel: Sei es, dass sich ein griechischer Chor formiert und Fleißers Satz „Ich habe meine Stoffe nicht ausgewählt, sie haben sich meiner bemächtigt“ anklagend und verzweifelt verteidigend skandiert; sei es, dass eine sechsköpfige Meute die Siebte schubst und stößt, bedroht und bedrängt. Oder ihr, die wie am Pranger steht, in wildem Reigen ein Etikett nach dem anderen („Eine Schande“) auf die Karojacke klatscht. Dazu Musik: Regina Spektors umgedichtetes „Samson“ etwa, das mit wundersam süßer Mädchenstimme in die Herzen dringt, um Liebe geht es, ausbeuterische vielleicht, und Bert Brecht wird später spöttisch von der Projektionswand blicken, wo auch die Fleißer-Porträt-Variationen der Künstlerin Babette Ueberschär zu sehen sind.

Ja, Liebe: ganz emotional, ganz mit dem Blick von jungen Frauen haben sich Sara Al-Issawi, Desiree Böckler, Julia Hagel, Alexandra Kiera, Kristina Schmitt, Oliva Seifried und Melanie Wagner der Fleißer unter der Leitung von Dozentin Claudia Bürk-Auner genähert. Das Konzept geht auf: Dass Fleißer damals genauso jung gewesen ist, so zart, so rettungslos – staunend versteht man es.

Nur zwei Wochenenden hat sich das Team, das die Collage selbst erstellte, mithilfe Ingolstädter Theaterprofis auf die Performance vorbereitet. Herausgekommen ist eine sehr anrührende, sehr junge Collage, die zusammen mit den schwebenden Papierskulpturen aus Babette Ueberschärs Projektseminar „Skulpturen – Kleider“ viel von Männern und Frauen, von Erfolg und Scheitern erzählt. Begeisterter Applaus!