Ingolstadt
Liebe und andere Widrigkeiten

Bodo Wartke erweist sich in seinem Programm "Was, wenn doch" als grandioser Entertainer mit ein bisschen Wehmut im Herzen

23.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:09 Uhr

Bei Reimkultur macht ihm so leicht keiner was vor: Bodo Wartke bei seinem Auftritt im Ingolstädter Festsaal. - Foto: Weinretter

Ingolstadt (DK) Samstagabend im Ingolstädter Festsaal - scharenweise strömen Fans und solche, die es noch werden wollen (nach Abfrage des Künstlers 50/50) zum Klavierkabarett-Abend von Bodo Wartke. Der Wahlberliner ist bekannt für seinen hintersinnigen Humor gepaart mit feinfühligem Wortwitz, das Ganze dargeboten am Flügel mit virtuoser Begleitung an den Tasten.

20 Jahre frönt Bodo Wartke nun schon seiner Reimkultur und wird nicht müde, immer wieder von Beziehungsproblemen und anderen Widrigkeiten des Lebens zu singen. Dabei entsteht der (vielleicht subjektive) Eindruck, dass seine Texte im neuen, mittlerweile fünften Programm etwas trübsinniger und introvertierter sind als das, was bisher von ihm zu hören war. So fehlen meist die unerwarteten Wendungen und überraschenden Pointen, welche seinen Anhängern besonders gut gefallen haben. Dennoch ist der Abend eine musikalisch-poetische Darbietung erster Güte - Bodo Wartkes ganz eigene Reimkultur mit seinen ausgefeilten Liedzeilen, untermalt von virtuosem Klavierspiel, sind einfach einmalig. Der musikalische Allrounder besitzt das umwerfende Talent eines wortgewandten Komikers und beherrscht genauso die leisen gefühlvollen Töne eines Liedermachers.

So finden sich im Programm "Was, wenn doch" augenzwinkernde Lieder wie "Ménage à trois" oder der flotte Charleston "Avec plaisir" (mit der bezaubernd-witzigen Duett-Partnerin Melanie Haupt) genauso wie die melancholischen Lebensabschnittsgefährtensongs "Es reicht nicht" oder "Happy End" sowie die nachdenkliche Nummer "Das falsche Pferd" über das Handeln aus Liebe, anstatt das zu tun, was man hasst.

Eine wirkliche Lachsalve beim Publikum erzeugt hingegen der Ausschnitt aus seinem nach König Ödipus geplanten zweiten Theaterstück "Antigone": Mithilfe von Melanie Haupt als Theseus werden dessen Heldentaten gesanglich und schauspielerisch-komödiantisch zusammengefasst - einfach köstlich! Hier ist bei aller Tiefsinnigkeit wieder der wunderbare Humor Wartkes zu hören und zu sehen, der sich auch in der bisher unveröffentlichten Gangster-Rap-Zugabe über Insekten manifestiert.

Und auch wenn er als Kind dachte, eine Oper sei, "wenn dicke Frauen schreien" und die Königin der Nacht aus Mozarts Zauberflöte so eine "evil Bitch" ist, hat es sich der Entertainer zur Aufgabe gemacht, der Tatsache, dass man "drei Stunden lang nichts vom Text versteht" ein wenig entgegenzuwirken: Also die berühmte Rache-Arie zunächst vorgelesen, um sie dann groovig neu vertont in seiner ganz eigenen Version zu singen. Ebenso bravourös ist die Verarbeitung aller vorher gesungenen Hooklines in der ersten Zugabe, welche mit Jubelrufen und Standing Ovations bedacht wird. Wer das Ganze im Wohnzimmer noch einmal genießen möchte: Mitte Dezember erscheint ein Konzertfilm mit dem Titel "Bei dir heute Nacht" mit mehr als vier Stunden Laufzeit.