Ingolstadt
Kistenweise Theaterglück

Linda Göllner bringt den Kinderbuchklassiker "Das kleine Ich bin ich" auf die Ingolstädter Werkstattbühne

18.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:56 Uhr

Auf seiner Reise trifft das kleine, bunte Tier einen Schwarm Fische: Benjamin Dami erzählt und spielt die Geschichte "Das kleine Ich bin ich" in der neuen mobilen Produktion des Jungen Theaters. - Foto: Olah

Ingolstadt (DK) Kisten. Große Kisten. Kleine Kisten. Weiße Kisten. Sie bergen Geheimnisse. Städte. Sterne. Tiere. Seifenblasenträume. Und: Sie sind Kulisse für die neue mobile Produktion (ab drei Jahren) des Jungen Theaters Ingolstadt. "Das kleine Ich bin ich" ist ein Bilderbuch von Mira Lobe (Text) und Susi Weigel (Buchidee und Zeichnungen), das 1972 erschien und sich längst zum Bilderbuchklassiker gemausert hat. Behandelt es doch auf kindgerechte Weise das Thema der Identitätsfindung. Unter der Regie von Linda Göllner hatte das Stück am Samstag in der Werkstatt Premiere.

Am Anfang: ein wenig Vorgeplänkel. Benjamin Dami erforscht die Kisten, schiebt sie hierhin und dorthin, setzt sie aufeinander. Er plappert Französisch. Er lauscht. Melodien erklingen (Musik: Sebastian Hantzsche), reißen ab, setzen sich fort. Er riecht. Er schmeckt. Er wundert sich. Aus einem Ohr zieht er ein grünes Bändchen, aus der Hose eine schwarze Schnur. Ein bisschen Zauberei, und aus der Kiste krabbelt ein buntes Tier - so, wie man es aus dem Buch kennt: mit rot-weiß-kariertem Körper, strubbelig blauen Haaren, Schlappohren und Kulleraugen (Anfertigung: Sandra Waldemair). Ein Klatschen - dann ändert sich das Licht. Und Benjamin Dami fängt an zu erzählen: "Auf der bunten Blumenwiese geht ein buntes Tier spazieren." Aber dann - dann stört ein Laubfrosch seine Ruh: "Wer bist denn du" Das bunte Tier stutzt - und muss ihm die Antwort schuldig bleiben. Worauf der Frosch recht unfreundlich reagiert: "Nanu? Ein namenloses Tier bist du? Wer nicht weiß, wie er heißt, wer vergisst, wer er ist, der ist dumm!" Das bunte Tier bleibt verunsichert zurück und möchte nun unbedingt das Rätsel seiner Herkunft lösen. Also fragt es alle, denen es begegnet: Pferde, Fische, Hunde, ein Nilpferd, einen Papagei. Liebenswürdige, Hilfsbereite, Arrogante, Freundliche, Schnippische, Mitfühlende. Bis in ihm schließlich die Erkenntnis reift: Das kleine Ich bin ich.

Regisseurin Linda Göllner hat diese Geschichte zauberhaft in Szene gesetzt. Behutsam nimmt ihr Hauptdarsteller das junge Publikum mit auf die Reise über die Blumenwiese, schlüpft in die Rolle des kleinen, bunten Tiers und bedient gleichzeitig das Klipp-Klapp-Kisten-Theater (Ausstattung: Christina Huener), das immer neue Welten und Wesen hervorbringt: Hier federt ein Frosch wie ein Springteufelchen aus einer Seerose, dort schwimmt ein Schwarm Fische an einem Handschuh durch den Teich, woanders prangen Sternlein im Nachthimmel, tollen Luftballonhunde herum, klappert ein Nilpferdkind mit breitem Holzmaul. Herrlich ist das. Überraschend. Staunenswert. Theaterverführung. Kein Wunder, dass plötzlich ein Kind auf die Bühne klettert.

Aber nichts davon ist Selbstzweck, steht stets im Dienste der Geschichte. Und Benjamin Dami springt von Rolle zu Rolle. Ist Erzähler und Conférencier, Puppenspieler und Zauberer, gibt den unverschämt quakenden Frosch und das herzensgute Nilpferdkind, den impertinenten Papagei und die aufgeregte Hundeschar. Und ist darüber hinaus Herr über die magische Kistenwelt.

"Das kleine Ich bin ich" erzählt von der Suche nach Erkenntnis, von Mut und Selbstbewusstsein und davon, dass jeder einzigartig ist. Das verstehen auch die Kleinsten - vor allem, wenn das so entzückend, witzig, spielerisch, poetisch vermittelt wird wie hier. Großer Applaus.

Die nächste Vorstellung im freien Verkauf ist am Samstag, 1. Juli, um 16 Uhr in der Werkstatt. Kartentelefon (08 41) 30 54 72 00.