Ingolstadt
Exklusives Vergnügen

Mit dem traditionellen Gastspiel der Salzburger Festspiele sind die Audi-Sommerkonzerte zu Ende gegangen

28.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:29 Uhr

Ingolstadt (DK) Aus Salzburg kennt man allerlei Köstlichkeiten. Nicht dass es im ausverkauften Ingolstädter Festsaal nach Kaspressknödel, Mostbratl oder Nockerln röche. Nein - es riecht vielmehr nach höchstem Niveau in Sachen Opernproduktion, nach internationaler Spitzenklasse. "Così fan tutte" ist im Rahmen der Audi-Sommerkonzerte zu hören. Es ist das einzige Gastspiel dieser Produktion der Salzburger Festspiele in Deutschland. Heute findet übrigens erst die Premiere in Salzburg statt. Und wer dafür keine Karten hat, könnte noch nach Rom reisen, um die Inszenierung dort zu sehen. Auch wenn im Festsaal "nur" eine moderierte, konzertante Aufführung zu sehen und zu hören war - es handelte sich um ein sehr exklusives Vergnügen.

Immerhin, Mozarts Dramma giocoso mit einem Libretto von da Ponte, nebenbei bemerkt das letzte Produkt einer zwiespältigen Zusammenarbeit, ist, obwohl es im Neapel des 18. Jahrhundert spielt, raum- und zeitlos. Die Handlung, vergleichsweise einfach, aber zum Erscheinungszeitpunkt 1790 skandalumwittert, ist schnell erzählt. Zwei Soldaten, Guglielmo und Ferrando, werden vom intriganten Don Alfonso zu einer leichtsinnigen Wette angestachelt. Sie sollen die Treue ihrer Verlobten, der beiden Schwestern Fiordiligi und Dorabella, testen. Dafür nähern sich die beiden Soldaten in Verkleidung der jeweils anderen Verlobten und müssen feststellen, dass sich die Treueschwüre der beiden Schwestern bereits nach 24 Stunden in der lauen süditalienischen Sommernacht verflüchtigt haben. Zofe Despina unterstützt halbwissend das intrigante Tun Don Alfonsos.

Ottavio Dantone hat die Leitung des Mozarteumorchesters sowie des Salzburger Bachchors. Anfänglich stimmt die Lautstärke-Balance zwischen Solisten und dem Orchester noch nicht, was dem fehlenden Orchestergraben anzulasten ist. Nach wenigen Minuten hat sich das allerdings eingespielt, und man freut sich über das federleicht agierende Orchester mit der durchaus angenehmen, italienisches Flair vermittelnden Holzbläserdominanz.

Natürliche Autorität hat in dieser Aufführung einen Namen: Michael Volle. Er singt die Rolle des Don Alfonso stimmgewaltig, mit einer keinen Widerspruch duldenden Dominanz. Nicht nur an der Rolle Don Alfonsos lässt sich die reine Spielfreude dieser grundsätzlich konzertanten Aufführung beobachten. So wird der gesamte Bühnenbereich fantasie- und lustvoll bespielt. Was für ein Unterschied zu mancher konzertanten Aufführung, in der sich die Solisten höchst statisch hinter ihren Noten verstecken. Federica Lombardi (Fiordiligi) und Angela Brower (Dorabella), im ersten Akt handlungsbedingt aufgrund identischer Affektlage stimmlich noch eng geführt, emanzipieren sich im zweiten Akt. Brower gewinnt an Transparenz. Sie vermag die Gemengelage aus Wut und Leichtsinn druckvoll zu verpacken, interagiert mit den ironischen Kommentaren des Orchesters virtuos. Newcomerin Lombardi zeigt unglaubliche Reife. Sie formt die zaudernde Fiordiligi höchst emotional, singt wie auf einer leicht entrückten, schwebenden Metaebene in bester technischer Perfektion und ist damit die ungekrönte Königin der (Konzert-)Nacht. Martina Jankova (Despina) erblüht mit der wachsenden Bedeutung ihrer Rolle erst im zweiten Akt. Tenor Mauro Peter (Ferrando) zeigt lyrische Qualitäten, sein Kollege Alessio Arduini singt sich mit ironischer Leichtigkeit durch die Rolle. Così fan tutte heißt übersetzt: "So machen es alle." Schön wär's. Diese Aufführung ist etwas Besonderes.

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