Ingolstadt
Ein Chor mit eigener Schule

Interview mit Domspatzen-Chef Roland Büchner Konzert in Ingolstadt

10.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:14 Uhr

Roland Büchner dirigiert die Domspatzen. - Foto: Domspatzen

Ingolstadt (DK) Die Regensburger Domspatzen gastieren auf Einladung der Ingolstädter Lions Clubs am 22. April 2018 in Ingolstadt. Geistliche und weltliche Chormusik werden den Frühling einläuten. Auch romantische Werke von Antonin Dvorak, Johannes Brahms oder Pop-Arrangements von Sting und den Beatles sind geplant. Der Erhalt von deutschen Volksliedern liegt Domkapellmeister Roland Büchner jedoch persönlich besonders am Herzen. Was den Chor ausmacht, erklärt er im Interview.

Herr Büchner, welche Ausbildung erhalten die Sänger der Regensburger Domspatzen?

Roland Büchner: Die Schule der Domspatzen ist ein musisches Gymnasium. Man kann aber neben dem musischen auch den naturwissenschaftlich-technischen Zweig wählen. Dazu darf jeder der Domspatzen unabhängig von der schulischen Ausbildung ein Instrument erlernen. Dann gibt es eine tägliche Singstunde: in Stimmgruppen, den sogenannten Einzelstimmproben, oder im gesamten Chor. Zusätzlich erhält jeder der Domspatzen noch eine Viertelstunde Einzelstimmbildung in der Woche. Die Domspatzen sind ein Chor mit einer eigenen Schule.

 

Ist die Teilnahme bei den Regensburger Domspatzen auch heute noch ein mögliches Sprungbrett für eine professionelle Sängerkarriere?

Büchner: Ja. Man kann sagen, dass bis zu fünf Schüler, das ist ungefähr ein Zehntel eines Abschlussjahrgangs, entweder Schulmusik, ein Konzertfachinstrument oder Gesang weiter studiert. Da gibt es viele Freiheiten. Es ist aber nicht so, dass wir möglichst viele professionelle Musiker herausbringen wollen. Wir wollen die Freude am Singen vermitteln. Wenn ehemalige Domspatzen später irgendetwas anderes studieren, singen sie weiter in Chören oder dirigieren selbst und sind als Organisten und Klavierbegleiter tätig. Das Singen ist seelisch, leiblich und körperlich. Da wirken so viele Faktoren zusammen, die für die Entwicklung eines Menschen wichtig sind.

 

Rührt diese Freiheit mittlerweile daher, dass es in den letzten Monaten leider auch negative Schlagzeilen gab?

Büchner: Diese Freiheit gab es schon immer, das hängt mit den angesprochenen Problemen nicht zusammen. Wir mussten da nichts ändern, weil es nichts zu ändern gab. Man kann wirklich ganz deutlich sagen, dass diese Fälle von Missbrauch schon vor längerer Zeit stattgefunden haben. Durch die Aufarbeitung sind sie - Gott sei Dank - wieder aufgekommen. Die Prävention, damit so etwas nicht mehr passieren kann, läuft schon seit 2002 in allen Bereichen unseres Hauses. Für die Domspatzen, vor allem in den unteren Klassen ist dieses Thema im Schulalltag nicht sehr präsent. In den höheren Klassen jedoch werden die Schüler mit diesem Thema konfrontiert und treffen auch mit Opfervertretern im Gespräch zusammen. So sind unsere Schüler auch in die Aufarbeitung eingebunden.
 

Was den Schülern jedoch bestimmt viel Spaß macht, sind die Chorreisen?

Büchner: Ja natürlich, da kommen wir übrigens gerade erst her. Wir waren von Freitag bis Mittwoch jeden Tag irgendwo anders in Deutschland. In der Nähe von Koblenz, Münster, Erfurt oder Freital bei Dresden. Man lernt dabei sehr viel von unserem wunderschönen Land kennen. Die Kinder übernachten in Gastfamilien und haben Kontakt mit den Leuten vor Ort.

 

Welche Erwartungen muss ein Bewerber erfüllen?

Büchner: Die grundlegende Voraussetzung ist, dass man an ein Gymnasium übertreten kann. Dann braucht man eine musikalische Eignung. Sie wird von mir geprüft. Der Bub darf mir dann vorsingen, die Eltern sollen auch dabei sein. Ich teste vor allem das musikalische Gehör: Ob er die Töne, die ich ihm vorspiele, nachsingen kann und verschiedene schwierige Tonfolgen. Dann merkt man sehr schnell, ob er musikalisch gut hört. Wenn er ein gutes musikalisches Gehör hat, ist er geeignet. Zuletzt ist es wichtig, dass die Stimme gesund ist, das heißt, dass keine Schädigung des Stimmapparates vorliegt. Das sind technische Voraussetzungen. Das Wichtigste ist die Freude an der Musik.

 

Die Fragen stellte Katharina Wirtz.

 

 

ZUR PERSON

Als Domkapellmeister dirigiert Roland Büchner die Regensburger Domspatzen seit 1994 und löste damit Georg Ratzinger ab. Außerdem ist er Honorarprofessor der Hochschule für Kirchenmusik in Regensburg. Er wurde am 16. Februar 1954 in Karlstadt geboren.

Konzert im Festsaal des Stadttheaters Ingolstadt, Sonntag, 22. April 2018, 11 Uhr. Karten gibt es ab Montag in allen DK-Geschäftsstellen.