Ingolstadt
Django Unchained

Hommage an Django Reinhardt im Ingolstädter Audi-Forum

09.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:56 Uhr

Ein Mix aus Gipsy Jazz, Bebop, Bossa Nova: Der Geiger Sandro Roy gastierte mit seinem Quartett im Ingolstädter Audi-Forum. - Foto: Erl

Ingolstadt (DK) Eine Django-Reinhardt-Nacht ist in der langjährigen Reihe der Jazzkonzerte im Museum mobile im Zusammenwirken mit dem Birdland-Jazzclub Neuburg schlichtweg schon obligatorisch. Der Sinti-Jazzabend ist sozusagen das Weihnachtsgeschenk für die Jazzfreunde in der Region.

Am Donnerstagabend teilen sich gleich zwei Formationen mit Sinti-Wurzeln und mit Liebe zur besonderen Spielweise des genialen Django Reinhardt die Aufmerksamkeit der vielen Zuhörer.

Der noch junge Gitarrist Diknu Schneeberger und sein Trio sind die Ersten, die mit ihrem artistischen Saitenspiel die Tür zu dieser ganz eigenen Klangwelt des Sinti-Jazz öffnen. Diknu lässt sich von seinem Vater Joschi Schneeberger am Bass und Martin Spitzer an der Gitarre begleiten. Diknu hat seine eigene Art, mit den sechs Saiten seiner Gitarre zu flirten, ihr eine Stimme zu geben und Fantasien aus diesem Holzkörper zu formulieren. Der 26-jährige gebürtige Wiener gibt den Klängen eine verspielte Leichtfertigkeit mit auf den Weg und nutzt seine Gitarre als Medium für breit gefächerte Stimmungsbilder. Das wahnsinnig schnelle Spiel seiner Finger lässt die Töne überlappen und gibt dieser Gitarre ein ausgeprägtes eigenes Selbstbewusstsein, ohne mit diesem Wettlauf der einzelnen Töne auch nur eine Spur von Hektik zu verbreiten. Viele seiner Stücke sind selbst komponiert - etwa die wechselhaft-temperamentvolle und auch romantische Komposition, die er seiner Freundin gewidmet hat. Andere stammen aus der Feder seines Vaters Joschi. Walzertakte sind der Heimatstadt an der Donau gewidmet, und auch Adaptionen zu Django Reinhardts Erbstücken sind für Diknu Schneeberger und sein Trio eine fesselnd klingende Selbstverständlichkeit. Das Publikum lässt sie zum Ende ihres Parts zur Pause nicht einfach von der Bühne. "Eines geht no", willigt Diknu ein und legt die Eigenkomposition "Feierlich" als Reminiszenz an seine Sinti-Vorfahren nach.


Sandro Roy ist mit seinem Quartett im gleichen musikalischen Genre aktiv, er hat die sechs Saiten der Gitarre allerdings gegen vier Violinsaiten eingetauscht. Die Begleitgitarren zupfen Paulo Morello und Sascha Reinhardt, und am Bass steht Joel Locher. Wenn der Begriff "Teufelsgeiger" nicht schon so abgegriffen wäre, könnte Sandro Roy ein Anwärter dafür sein. Der erst 22-jährige Spross aus einer Musikerfamilie legt mit dieser faszinierenden Virtuosität seiner Geige gleich ein paar neue Briketts in die funkelnde Glut des Sinti-Jazz. Er scheut sich nicht, den Kompositionen etwa von Miles Davis einen Gipsy-Stempel aufzudrücken oder in den von Liebeskummer inspirierten Tondichtungen seines Gitarristen Paulo Morello zum Gipsy-Sound auch noch brasilianische Rhythmen einzuflechten.

Sandro Roy verknüpft die Klang- und Spielformen aus der Tradition Reinhardts, adaptiert sie für Geige und öffnet sie für zeitgemäße Strömungen und zukunftsweisende Entwicklungen. Mit seinem wundervollen Witz in der Melodieführung und dem Augenzwinkern seiner Interpretationen ist er sicherlich einer der Hoffnungsträger für die europäische Jazzvariante, die Django Reinhardt mit emanzipiert hat. Ein spezielles "Schmankerl" heben sich alle Musiker für die Zugaben auf, hier lassen sie ihre Klangwelten zusammenfließen und agieren gemeinsam auf der Bühne.