Ingolstadt
Der Klang gewordene weite Horizont des Nordens

"Norland Wind" gastieren in der Ingolstädter Neuen Welt

21.12.2014 | Stand 02.12.2020, 21:50 Uhr

Filigrane Klangbilder: Geigerin Angelika Nielsen - Foto: Löser

Ingolstadt (DK) Die Musiker kommen aus aller Herren Länder. Die Gitarristen Kerstin Blodig und Noel Duggan aus Norwegen und dem irischen County Donegal, Keyboarder Mads Klindt Poulsen von der dänischen Insel Fünen, Geigerin Angelika Nielsen von den Faröer Inseln, Thomas Loefke schließlich, der die keltische Harfe bedient, ist Deutscher.

Zusammen ergeben sie „Norland Wind“, ein Ensemble aus fünf Individualisten, die, jeder für sich, auch in andere Projekte eingebunden sind oder eigene Solokarrieren verfolgen, sich aber seit 20 Jahren unter dem Mantel gälischer Musik und nordischer Kultur immer wieder zu „Norland Wind“ zusammenfinden, um zumindest akustisch genau das zu bieten, was man hierzulande in der Vorweihnachtszeit angesichts phonstarker Dauerbeschallung so schmerzlich vermisst – Musik mit Charakter und Seele nämlich.

Es ist dieser in Töne gegossene hohe Himmel und der Klang gewordene weite Horizont des Nordens, dessen akustisch festgehaltenes, fast schon irreales Licht gerade zur Winterzeit, das einem unweigerlich in den Sinn kommt, wenn man die Stücke der Band hört. Dabei ist nicht nur interessant, wie aus irischen Jigs und Reels plötzlich eine veritable Folkrocknummer wird, wie anders herum aus Gründen der Bodenhaftung bewusst alte Songstrukturen in filigrane Klangbilder, in denen das Atmen der kargen Natur mitschwingt, hineingewoben werden, sondern auch, dass die Grundlage all dessen nicht im Nebel nordischer Sagen liegt, sondern durchaus in der Realität.

Eine irische Liebesballade, ein Stück über einen einsamen Bahnhof in den schottischen Highlands, die akustische Entsprechung einer Fahrt durch die Inside Passage an der Westküste British Columbias, ein Trip mit dem „Rocky Mountaineer“ durch Kanadas Westen oder ganz einfach ein kleines Lied über einen bizarren Vogelfelsen mitten im Nordatlantik – man kann dies alles tatsächlich zu Musik machen. Mit dem Ergebnis, dass man zwar die wohlige vorweihnachtliche Atmosphäre in der Neuen Welt, in der das Konzert stattfindet, nicht sofort und gleich eintauschen möchte mit der klammen Kälte etwa auf den Äußeren Hebriden, es sich aber immerhin äußerst gut anfühlt, wenn man sich für zwei Stunden dorthin träumen kann.

„Norland Wind“ – das ist nicht nur wunderschöne Musik, sondern auch eine höchst willkommene Pause in der vorweihnachtlichen Hektik, in der „besinnlichen Zeit“, die ja alles andere als besinnlich ist. Und zudem tritt die Band den Beweis an, dass man nicht unbedingt auf von der Werbung schamlos missbrauchte Weihnachtslieder angewiesen ist, um in die richtige Festtagsstimmung zu kommen.