Ingolstadt
"Das Theater ist meine Seele"

Jörg Seyer spielt die Titelrolle im "Impresario von Smyrna"

27.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:15 Uhr

Der Berliner Schauspieler Jörg Seyer hat als Gast die Rolle des Ali übernommen. - Foto: Borucki

Ingolstadt (DK) "Der Taxifahrer!" Manchmal wird Jörg Seyer erkannt. Denn als Berliner Taxifahrer wuchtete er eine schwangere Frau in sein Auto oder auch ein Mountainbike - für einen "Voltaren"-Werbespot. Denn Werbung und Film gehören genauso zum Berufsbild des Schauspielers wie das Theaterspiel - auch wenn er das am meisten liebt. "Das Theater ist meine Seele - da kann ich mich am meisten entfalten", sagt Jörg Seyer.

In Ingolstadt hat er in der Goldoni-Komödie "Der Impresario von Smyrna" die Titelrolle übernommen, spielt also den Türken Ali, der nach Venedig gereist ist, um dort Geschäfte zu machen und sich von einem Agenten beschwatzen lässt, ein ganzes Opernensemble für seine Heimatstadt einzukaufen. Damit sorgt er für Aufruhr in der Künstlerszene. Wer verkauft sich am besten? Wer wirkt am sympathischsten? Es geht um Eitelkeiten und Existenzprobleme. Und zwischen Selbstdarstellung und Intrige bleibt die Kunst auch schon mal auf der Strecke. Auch wenn Goldoni natürlich mit Übertreibungen und Klischees arbeitet - ein paar Dinge kennt Jörg Seyer doch wieder: Rivalitäten, Vermarktungsstrategien oder Lügen (wenn es beispielsweise ums Alter geht). Und natürlich "geht es im Theater immer nur um Rollen. Denn man will als Schauspieler eine ganze Menge davon".

Sein Ali spricht Deutsch als Fremdsprache - keinen türkisch-deutschen Slang, sondern eine Kunstsprache, die Seyer penibel lernen musste. "Das führt zu vielen Kuriositäten. Ali stolpert von einer Katastrophe in die nächste."

Zum Schauspielerberuf kam Jörg Seyer, 1964 in Berlin geboren, eher zufällig. "Ich wusste eigentlich nicht so richtig, was aus mir werden soll, denn ich fühlte mich zu nichts richtig berufen." Bis er als 17-Jähriger eine Hauptrolle in der DDR-Krimiserie "Der Staatsanwalt hat das Wort" bekam. Darin spielte er den Chef einer Diebesbande. Und leckte Blut. Er begann die Ausbildung an der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" in Berlin (Ost). Als er seinen Abschluss in der Tasche hatte, war Deutschland wiedervereinigt, und er hatte alle Freiheiten zu gehen, wohin er wollte. Trotzdem blieb er zunächst in Berlin, bekam sein erstes Engagement am Theater der Freundschaft (heute: Theater an der Parkaue), gastierte aber wenig später im Theaterhaus Stuttgart in der "Dreigroschenoper". Später arbeitete er u. a. am Staatstheater Schwerin, am Hans-Otto-Theater Potsdam, am Deutschen Theater Berlin. Von 2005 bis 2011 war er in Karlsruhe engagiert, wo er Knut Weber kennenlernte. Er kehrte nach Berlin zurück und arbeitet seither frei - auf der Bühne (etwa mit Katharina Thalbach in "Roter Hahn im Biberpelz") und vor der Kamera. So war er beispielsweise an der Seite von Axel Prahl und Dagmar Manzel in Andreas Dresens Film "Willenbrock" zu sehen. Demnächst dreht er einen "Tatort" mit Mark Waschke.

In seiner Freizeit zieht sich Jörg Seyer in sein Haus in der Uckermark zurück - und gärtnert. "Da gibt es immer eine Menge zu tun - dieses Jahr hatten wir eine super Ernte."

"Der Impresario von Smyrna" hat am Samstag um 19.30 Uhr im Großen Haus des Stadttheaters Ingolstadt Premiere.