Ingolstadt
Aus dem Bauch heraus

Comedian Sascha Grammel lässt in der Ingolstädter Saturn-Arena die Puppen tanzen

19.12.2014 | Stand 02.12.2020, 21:50 Uhr

Selfie mit Herrn Schröder, dem Außerirdischen, und seiner Sternschnuppe Ursula: Sascha Grammels Programm „Keine Ahnung“ gewährte einen heiteren Blick auf die Macken unserer Gesellschaft - Foto: Hammerl

Ingolstadt (DK) Wussten Sie schon, dass man Otter nie gegen den Strich bürsten darf? Nicht? Dann haben Sie etwas verpasst. Echt. Nämlich Sascha Grammel und seine kleine Grammelwelt voller lustiger, manchmal auch sentimentaler Momente vor märchenhafter Szenerie.

Der wunderbare Puppen-Comedian weiß natürlich ganz genau, dass die Saturn-Arena nicht seinetwegen gerammelt voll ist, sondern wegen seiner kleinen Freunde, wobei er auch ohne tierische oder außerirdische Puppen ein echter Knaller ist. Eine Kostprobe von Sascha pur und live gibt er nach einem Sprung von der Bühne als Platzanweiser für zu spät Kommende. Er beordert ein Pärchen aus hinteren Parkettreihen auf freie Plätze ganz nach vorn und stellt, als er selbst wieder seinen Platz auf der Bühne einnehmen will, selbstironisch fest: „Spontanität ist nicht immer gut.“ Kurze Denkpause fürs Publikum, dann folgt: „Bei der ARD hatten wir da eine Treppe.“

In Ingolstadt naht Hilfe aus der ersten Reihe. Thomas kniet sich vor die Bühne und wird fortan zum Running Gag. Denn natürlich haben Saschas Freunde das mitbekommen und beziehen Thomas immer wieder ein. Obwohl ihr Text ja eigentlich schon feststeht, mit dem sich der Bauchredner gewaltig selber auf die Schippe nimmt, manchmal so sehr, dass er selber lachen muss und kurze Atempausen braucht. Was ihn noch sympathischer macht.

Sagt er zur Vogelpromenadenmischung aus Adler und Fasan, alias Frederic Freiherr von Furchensumpf: „Das ist doch Quatsch“. Haut der ihm postwendend um die Ohren: „Dann schreib’s halt nicht in den Text.“ Worauf die beiden einen Spickzettel hervorkramen – tatsächlich, der Vogel behält recht und triumphiert: „Du bist so vergesslich, du könntest deine Ostereier selber verstecken.“ Zum Brüllen das Spiel „Ich packe in meinen Koffer“. Grammel beginnt mit einem Auto und erntet Unglauben. „Ich kenn’ das umgekehrt“, staunt Frederic. Friedlicher, nein richtig romantisch wird es, als Josie im Brautkleid auftaucht und sich schwärmerisch an die gemeinsame Kindheit erinnert: „Du warst fünf, ich 79.“ Mittlerweile ist die schüchterne Schildkrötendame mit den sprechenden Kulleraugen 113 Jahre alt und will sich trauen. Nein, nicht heiraten, sondern Fallschirmspringen. Dennoch lässt sie sich erklären, was es mit dem Heiraten auf sich hat. Einen Antrag machen? Klar doch. „Hartz IV!“, ergänzt Josie eifrig. Alles mit dem Freund teilen? „Dann geh’ ich zu Facebook.“ Das Publikum tobt. Eigentlich tut es das laufend. Szenenapplaus zieht sich durch, und gelegentlich denken die Techniker daran, Windrad und Blinklichter an Professor Hackes Haus im Gegenzug in Aktion zu setzen. Peter Hacke braut isotonische Drinks, die sich fatal auf Grammels Stimme auswirken, natürlich alles im Dienste der Wissenschaft.

Mit Herrn Schröder, dem Außerirdischen, testet Multitalent Grammel den GDGA (größtmöglichen, denkbaren Gesprächsabstand), von Sternschnuppe Ursula würde er sich gern etwas wünschen. „Das können Sie tun, aber Ursula ist es schnuppe“, sagt Schröder lakonisch. Ein blaues Huhn, früher liiert mit einem Zapfhahn, nun glücklich mit einem Wasserhahn, singt solo und macht Lady Gaga Konkurrenz, vier rote Bälle machen den Bauchredner zum Jongleur.

Grammels Programm „Keine Ahnung“ hält, was er versprochen hat – es ist wild, romantisch, witzig, manchmal aber auch philosophisch und berührend. „Nicht alles, was im Fernsehen ist, ist gut“, legt er dem Publikum auch Kleinkunstbühnen ans Herz, „und nicht alles, was gut ist, ist im Fernsehen.“ Er ist beides – gut und im Fernsehen.