Günter Grünwald im Stadttheater: Das Leiden des Deppenmagneten

29.04.2016 | Stand 01.02.2017, 14:46 Uhr

Ingolstadt (dk) Wenn Günter Grünwald ruft, eilt Ingolstadt herbei: Am Freitagabend ist er im ausverkauften Festsaal des Stadttheaters im Rahmen der Ingolstädter Kabaretttage aufgetreten - und sein Publikum kam kaum noch aus dem Lachen heraus. "Deppenmagnet", das aktuelle Programm des Ingolstädters, lieferte eine Anekdote nach der anderen und löste so Lachsalven im Saal aus.

Besonders das Schicksal der Asylbewerber in Deutschland war dem Kabarettisten an diesem Abend ein Anliegen. Er lästerte über die Pegida in Dresden, die Angst vor Überfremdung habe: „Schickt uns alle Muslime, die ihr habt. Die nehmen wir sehr gerne – dafür nehmt ihr die Sachsen zurück.“ Und schlüpfte danach in die Rolle eines Betrunkenen, der in einer Bar gegen einen Afroamerikaner pöbelt. Grünwalds urkomischer Mimik- und Gestikeinsatz brachte die Leute zum Lachen, seine Worte aber ließen sie nachdenken. Eine Gratwanderung, die der Kabarettist ohne Mühen meisterte.

Jedoch blieb es nicht immer ernst. Oft spann Grünwald die absurdesten Ideen laut vor sich hin oder witzelte über seine Heimatstadt – was beim Ingolstädter Publikum besonders gut ankam. „ Jeder Mensch ist einzigartig. Jeder Mensch ist liebeswert. Wer so etwas sagt, war noch nie im Westpark.“ Auch die Einblicke in seine Arbeit beim Fernsehen waren interessant und unterhaltsam zugleich; etwa, wenn er von den empörten Zuschriften seiner Zuschauer erzählte. „Wer zwischen den Zeilen liest, merkt vielleicht, dass das, was ich mache Satire ist“, kommentierte Grünwald schelmisch.

Mit solchen Anekdorten unterstrich er seine Theorie vom „Deppenmagneten“: „Manche Menschen sind Glückskinder, sind Siegertypen. Das bin ich nicht. Ich bin ein Deppenmagnet: Wenn in Umkreis von 100 Meter ein Depp ist, ist er auch schon da.“ Und die Vielfalt der Dilettanten, über die sich Grünwald echauffierte war schier unerschöpflich. Besonders viel Furor bekamen die Fernsehköche Jamie Oliver und Tim Mälzer zu spüren. Der Kabarettist forderte klare Anweisungen und verweigerte sich dem Kochen nach Gefühl. „Ich brauche von Herrn Mälzer kein Kochbuch. Von Herrn Mälzer reicht mit ein DIN-A6-Zettel, auf dem steht: ,Nehmen Sie, was Sie wollen, und schieben Sie es in den Ofen.'“

Grünwald ließ jedoch nicht nur den bayerischen Grant heraus, sondern hatte auch einige konstruktive Vorschläge im Gepäck. Er schlug beispielsweise vor, die Rechtschreibung zu vereinfachen. Man könne einfach das Doppel-S weglassen und nur noch ein scharfes S verwenden. „Das hätte auch dem Dritten Reich viel seines Schreckens genommen“, erklärte er. „Stellen Sie sich die SS mal so vor der Tür vor: ,Aufmachen, hier ist das scharfe S!'“

Mit dieser Mischung aus herben Witzen und feinsinniger Komik hatte der Kabarettist sein Publikum vom Anfang bis zum Ende auf seiner Seite. Kein Wunder, dass dieses eine sofortige Zugabe einforderte und den Festsaal am liebsten gar nicht mehr verlassen hätte. Ein Heimspiel, wie es besser nicht hätte laufen können.