''Die wollen mich umbringen''

26.08.2010 | Stand 03.12.2020, 3:45 Uhr

Michael Kreitmeir aus Eichstätt (vorne sitzend) inmitten "seiner" Kinder im Kinderdorf Little Smile beim Besuch einer Gruppe aus Dietfurt im Jahr 2008: Mit finanzieller Unterstützung aus der Heimat hat Kreitmeir auf Sri Lanka ein effektives Hilfswerk aufgebaut, das offenbar einigen korrupten Politikern vor Ort ein Dorn im Auge ist. - Foto: DK-Archiv

Eichstätt/Koslanda (DK) Neun Tage in Todesangst in einem Gefängnisloch in Monoragala: Der Eichstätter Michael Kreitmeir ist auf Sri Lanka durch die Hölle gegangen. Seit gestern ist er nach massiver Intervention der deutschen Botschaft auf Kaution frei – schwebt aber immer noch in Lebensgefahr.

Es ist eine Horrorgeschichte, die der 53-Jährige gestern Nachmittag in einem Telefonat mit der Eichstätter Redaktion des DONAUKURIER erzählt. "Wie ein schlechter Horrorfilm. Nur mit einem selbst als Hauptdarsteller – und kein Knopf zum Abstellen." Der ehemalige TV-Journalist, der 1999 auf Sri Lanka das Kinderdorf Little Smile gründete, ist hörbar angeschlagen: Im Gefängnis hat er sich eine Lungenentzündung zugezogen, auch nervlich und psychisch ist er am Ende: "Ich habe Morddrohungen erhalten, aber ich werde nicht schweigen. Ich weiß, dass die mich umbringen wollen. Aber wenn sie das tun, dann sollen sie wenigstens nicht einfach so davonkommen." Und vielleicht ist eine massive Einmischung der Politik und der Öffentlichkeit auch der beste Schutz in seinem Fall.

Seit elf Jahren setzt sich Kreitmeir für die Armen des Landes ein. Mit Rat und Tat: Er gibt Waisenkindern ein Zuhause, verschafft ihnen Nahrung und Bildung, finanziell unterstützt durch die verschiedensten Hilfsaktionen in seiner Heimat, etwa die "DONAUKURIER Vorweihnacht der guten Herzen" oder "Eichstätt hilft". Er steht persönlich dafür ein, dass die Spendengelder auch tatsächlich den Bedürftigen zugute kommen und widersetzt sich immer wieder Korruptionsversuchen im Land – wie denen jenes Provinzministers, der ihm nun seinen Worten zufolge nach dem Leben trachtet. Unter anderem weil er, Kreitmeir, sich nicht auf illegale Grundstücksgeschäfte habe einlassen wollen.

Aber wie genau kam es nun zu dieser Verhaftung? "Wir waren gerade hundemüde auf dem Rückweg von einem Projekt", berichtet Kreitmeir, "als wir von 30 Leuten einer Special Task Force abgepasst und regelrecht auseinandergenommen wurden. Dann haben die mir 1,8 Gramm Heroin untergeschoben und uns zur Polizeistation transportiert. Das war so offensichtlich fingiert. Mir war klar, dass das sehr, sehr eng wird." Auch Kreitmeirs Sohn, der 23 Jahre alte Manuel, wurde festgenommen – und mit dem Tod bedroht für den Fall, dass Kreitmeir senior sich nicht "geständig" zeige. "In der selben Nacht haben die auch das Kinderdorf gestürmt, die Leute dort bedroht und alles mitgenommen, was sie wollten."

Während ihr Mann in der Zelle Todesängste um sich selbst und seinen Sohn durchleidet, ist Ehefrau Elke daheim in Eichstätt einem Nervenzusammenbruch nahe: "Ich sitz permanent an drei Telefonen und versuche, Hilfe zu organisieren." Es gehe darum, Öffentlichkeit zu schaffen und so das Leben ihres Mannes zu sichern. Der Berater des bayerischen Ministerpräsident Horst Seehofer, der Eichstätter Walter Eisenhart, bestätigt gestern Abend unserer Zeitung, dass Seehofer unverzüglich Bundesaußenminister Guido Westerwelle eingeschaltet habe. Mehr könne man derzeit noch nicht sagen, um diplomatische Verwicklungen zu vermeiden.

Auch die deutsche Botschaft in Sri Lanka kümmere sich engagiert um den Fall, versichert ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin nach Rücksprache mit seinen Kollegen in Sri Lankas Hauptstadt Colombo unserer Zeitung. "Wir stehen in Kontakt mit dem Betroffenen und mit seiner Familie. Sie werden von uns betreut."

Michael Kreitmeir selbst befolgt den Rat, ab jetzt jede Nacht an einem anderen Ort zu schlafen. Er ist krank und psychisch angeschlagen – jedoch nicht gebrochen: "Wie kann man geradestehen für Spendengelder und das, was man jetzt fast zwölf Jahre im Leben getan hat, wenn man sich korrumpieren ließe oder Angst hätte? Ich kann nicht davonlaufen, nur weil es hier kriminelle Elemente gibt." Er könnte das Land aber auch gar nicht verlassen: Sein Pass wurde beschlagnahmt. "Ich weiß nicht, wie es ausgeht. Es ist die Hölle."