Studentenreportage
Akrobatik auf dem Pferderücken

24.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:35 Uhr

Dreimal pro Woche trainiert Ronja Förster mit der Turniergruppe. - Foto: Voltigierverein Eichstätt

Sie ist beweglich, geschickt und liebt Pferde - Ronja Förster vom Eichstätter Voltigierverein hat alles, was man zum Voltigieren braucht. Ein Trainingsbesuch.

Brr", hallt es laut durch die Halle. Dobby gehorcht. Er trabt langsamer. Seine Hufe hinterlassen tiefe Abdrücke im sandigen Boden. Immer im Kreis, um die Longenführerin herum. Diese hält eine lange Peitsche in der einen Hand. In der anderen hat sie eine lange Leine, die Longe. Mit ihr kann sie das Pferd kontrollieren. Sie schnalzt mit der Zunge. Dobby fängt an zu galoppieren. Er muss sich warmlaufen, denn gleich beginnt das Training.

Der braune Bayernwallach ist schon seit vielen Jahren Teil des Voltigiervereins in Eichstätt. Diesen gibt es jetzt bereits neun Jahre, und Ronja Förster ist seit Anfang an dabei. Die 14-Jährige reitet schon, seit sie denken kann. Die Leidenschaft hat sie von ihrer Mutter. Silke Förster leitet den Voltigierverein. Zusammen mit ihrer Kollegin Tanja Evers trainiert sie heute die erste und zweite Turniergruppe der Eichstätter "Voltis". Insgesamt 14 Kinder und Jugendliche, darunter auch Ronja, präsentieren akrobatische Übungen auf dem Pferd.

Dafür sind viel Kraft und Koordination gefragt - und natürlich auch Teamarbeit. Das Training beginnt. Ronja und die anderen Mädchen laufen sich an der Wand der Reithalle in Gaimersheim warm. Viele tragen Mützen und Winterjacken, um sich vor der beißenden Kälte zu schützen. Auf der Tribüne sitzt eine ältere Dame und verfolgt neugierig das Geschehen.

Im vorderen Bereich der Halle steht Silke Förster. Sie trägt eine knallrote Weste und eine schwarze Sporthose. Ihre Locken schauen unter der schwarzen Mütze hervor. Neben ihr wartet Dobby darauf, für das Training hergerichtet zu werden. Förster schnallt ihm eine schwarze Unterlage mit goldenen Sternen und einen Gurt mit großen Griffen über den Rücken. Dann streichelt sie ihm durch sein Fell und klopft ihm sanft auf die Schulter.

In der Mitte der Reithalle liegt eine graue Matte. Die Mädchen liegen darauf und dehnen sich. Julia macht gerade einen Spagat. Sie ist mit acht Jahren die Jüngste unter den "Voltis". Die Alteste ist 18. Neben der Matte steht ein hölzerner Bock mit einem roten Polster. Davor wurde ein kleines Trampolin platziert. "Seid ihr alle warm", ruft Evers den Mädchen zu. Die Voltigiertrainerin hat sich neben dem Bock positioniert. Sie will das Pflichtprogramm üben. Nacheinander ruft sie die Voltis auf. Ronja ist an der Reihe. Sie rückt ihre Bommelmütze gerade und hüpft vom Trampolin aus auf den Bock. Evers gibt die Übungen vor. "Grundsitz", ruft sie. Ronja setzt sich gerade hin. "Gut, jetzt die Fahne". Sie kniet sich hin und streckt ihren linken Arm und ihr rechtes Bein vom Körper weg. Das Pflichtprogramm besteht aus einer Reihe von Übungen, die jeder Voltigierer bei einem Wettkampf in der einminütigen Kür vorführen muss.

Vier Galoppsprünge lang muss man jede Übung halten. Für jede bekommt man eine Einzelnote. "Das muss man tausendmal geübt haben, um die Kür perfekt koordinieren zu können", sagt Ronja. Dass Ronja eine gute Koordination hat, bewies sie bereits im letzten Jahr bei der Süddeutschen Meisterschaft. Von insgesamt 60 Mitstreitern in ihrer Leistungsklasse hat sie den 13. Platz belegt - und damit ganz knapp den Einzug ins Finale verfehlt. Trotzdem ist sie stolz auf diesen Erfolg. "Das war bis jetzt mein Highlight beim Voltigieren", sagt sie. Seit drei Jahren macht sie jetzt schon Einzelkür auf dem Pferd. Dennoch gefällt Ronja das Voltigieren in der Gruppe noch besser. "Wenn du in der Gruppenkür mal vom Pferd fällst, ist das nicht so schlimm. Dann springst du einfach wieder auf. Im Einzel wäre die Kür dann schon gelaufen".

Inzwischen sind alle "Voltis" das Pflichtprogramm auf dem Bock durchgegangen. Förster lässt Dobby mit der Longe in einem großen Kreis um sich herum galoppieren. Neben ihr stehen Ronja und Phillip und warten auf ihren Einsatz. "Phillip ist unsere Rarität in der Gruppe", lacht Evers. Denn er ist der einzige Junge. Ronja atmet tief durch. Ihr Atem steigt in der kalten Luft nach oben. Sie zieht ihre Mütze aus dem Gesicht. Dann rennt sie los. Ein paar Sekunden lang läuft sie neben Dobby her. Dann greift Ronja nach dem Griff und macht einen großen Sprung. Sie zieht sich an den Griffen nach oben und sitzt auf dem Pferd. "Fahne!", ruft Evers von der Seite. Ronja kniet sich auf das Pferd. Ihre linke Hand löst sich vom Griff. Sie streckt ihren linken Arm und ihr rechtes Bein aus. Vier Galoppsprünge verharrt sie in der Pose, dann setzt sie sich wieder gerade aufs Pferd. Sie muss genau dem Takt folgen, den ihr Dobby vorgibt. Nur so entsteht eine Harmonie zwischen ihr und dem Pferd.

Ronja übt jetzt ihre Einzelkür auf dem Pferd. Für dieses Jahr hat sie sich ein besonderes Thema ausgesucht: König der Löwen. Dafür hat sie sich auch schon passende Musik und ein Kostüm überlegt. Ronja geht in die Hocke. Sie lässt die Griffe am Gurt los und stellt sich aufrecht hin. Mit ausgestreckten Armen hält sie das Gleichgewicht. Dobby scheinen die Kunststücke auf seinem Rücken nicht zu stören. Er galoppiert brav weiter im Kreis, immer und immer wieder. Er hat einen sehr gleichmäßigen Galopp. Außerdem bockt er nur selten und gehorcht dem Kommando der Longenführerin. Zum Voltigieren ist er also sehr gut geeignet. Obwohl ein Pferd schon mit drei Jahren als erwachsen gilt, muss es mindestens sieben Jahre alt sein, um zum Voltigieren zugelassen zu werden. "Bei maximal drei Personen auf dem Pferd muss es ein Gewicht von circa 180 Kilo aushalten", erklärt Evers. "Dafür muss es natürlich ausreichend bemuskelt sein".

Ronja ist fertig mit ihrer Kür. Mit viel Schwung und geschlossenen Beinen rollt sie sich zur Seite ab und landet im Sand. Sofort läuft Phillip los. Mit einem großen Sprung zieht er sich auf das 1,75 Meter große Pferd. Phillip hat den Vorteil, dass er sehr viel Kraft hat. Dafür macht ihm die Gelenkigkeit zu schaffen. Ronja stellt sich neben Evers an den Rand der Halle. "Sehr gut, besonders deine Körperspannung", wird sie von der Trainerin gelobt.

Dreimal die Woche trainiert Ronja im Moment mit der Turniergruppe. Momentan bereiten sie sich für das Turnhallenfestival in zwei Wochen vor. Bei dem Festival in Weicht im Allgäu wird die Gruppe eine Reihe von Disziplinen erfüllen müssen. Von einer Kür auf dem Bock und auf dem Boden bis zu einem Gruppentanz ist alles dabei. Das ist aber nichts Neues für die Eichstätter "Voltis", sie sind im vergangenen Jahr auch schon angetreten.

Das Training ist vorbei. Bevor Ronja geht, schaut sie noch kurz im Stall bei Galileo vorbei. Galileo, auch "Leo" genannt, ist ihr eigenes Pferd. Sie hat ihn von einem großen Pferdehändler in Nordrhein Westfalen abgekauft. Ronja streichelt Leo durch die Mähne. Obwohl er schon sieben ist, ist Leo zum Voltigieren nicht geeignet. Er ist nicht gern an der Longe, dann bockt er und rastet aus. "Schade eigentlich", sagt Ronja. "Wir wären ein super Team".

 

 

Diese Prüfungsreportage hat Lukas Peters, geboren 1997 in Düsseldorf, im Rahmen seines Journalistikstudiums an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt geschrieben. Wir stellen in loser Folge drei Reportagen von Studierenden vor.