Roth
Truppenbesuch im Schnelldurchlauf

Verteidigungsminister macht Station in Roth und redet mit den Soldaten über den Schrumpfkurs

02.07.2012 | Stand 03.12.2020, 1:19 Uhr

 

Roth (DK) Die Entscheidung ist endgültig! Das war gestern die harte Botschaft von Verteidigungsminister Thomas de Maizière bei seinem Besuch in der Rother Otto-Lilienthal-Kaserne. Konkret bedeutet das die Auflösung großer Teile der dortigen Einheiten – mit der Aussicht auf eine teilweise Neubelegung.

Mit zehnminütiger Verspätung war de Maizière am Vormittag im Hubschrauber auf dem Kasernengelände eingeschwebt. Seit im vergangenen Oktober bekannt gegeben worden war, welche Standorte im Zug der Bundeswehrreform geschlossen werden, hatte der Bundesminister alle betroffenen Einheiten besucht, um die Entscheidungen zu erläutern. Die Rother Kaserne war gestern die letzte Station, und die nahm der Politiker im Schnelldurchlauf, generalstabsmäßig geplant. Ein paar Minuten Gespräch mit den Soldaten in einer Wartungshalle (gerne mit Fotos für die Zeitung), dann eine Fragerunde mit Soldaten und zivilen Mitarbeitern (Medienvertreter unerwünscht), ein kurzer Gedankenaustausch mit örtlichen Entscheidungsträgern wie Abgeordnete, Landrat und Bürgermeister (ebenfalls hinter verschlossener Tür), um anschließend den Journalisten ganze drei Fragen zu erlauben. Und schon war de Maizière wieder fort. Pflicht erfüllt.

Neu war die unfrohe Botschaft ohnehin nicht gewesen. Fritzlar in Nordhessen sei gegenüber Roth der bessere Standort für die Stationierung des neuen Kampfhubschraubers Tiger, sagte der Minister. Folglich würden von 2800 Soldaten und Zivilkräften in Roth bis Mitte 2014 noch 540 Dienstposten übrig bleiben. Das Kampfhubschrauberregiment 26 wird komplett aufgelöst, ebenso das Luftwaffenausbildungsregiment, die 1. und 2. Staffel der Flugabwehrraketengruppe sowie das II. Bataillon Luftwaffenausbildungsregiment. Sanitätsstaffel und Standortservice sollen dagegen bleiben.

Anfang 2014 beginnt der Abzug, bis zum Sommer soll die Auflösung über die Bühne sein. Möglicherweise dauert es auch ein paar Monate länger, war hinter vorgehaltener Hand zu hören. Im Gegenzug wird die Offiziersschule der Luftwaffe mit rund 500 Dienstposten und 800 bis 900 Lehrgangsteilnehmern von Fürstenfeldbruck nach Roth verlegt – allerdings erst 2018. Bis dahin sind weitere Millioneninvestitionen für die neue Nutzung nötig, nachdem zuletzt erst 150 Millionen Euro in die Rother Kaserne gesteckt worden waren. Für Einrichtungen, die nun keiner mehr in dieser Art braucht. „Das ist nicht schön“, lautete dazu der lapidare Kommentar von Staatssekretär Christian Schmidt.

Doch was geschieht zwischen 2014 und 2018? Für diesen Zeitraum versprach de Maizière die Belegung durch einen Aufbaustab der Offiziersschule und eine oder zwei Kompanien der Luftwaffengrundausbildung. Unbeantwortet blieb indes die Frage, wie es mit der Hubschrauberstaffel der bayerischen Polizei weitergeht, die bisher in der Kaserne ihre Basis für Nordbayern hat. „Ich würde mir wünschen, dass unser Standort hier bleibt“, sagte deren Leiter Joachim Walzik. Er war eigens wegen des Ministerbesuchs aus München angereist. Ein Anliegen, dem sich Innenminister Joachim Herrmann nur anschließen kann. Er tauchte mittags völlig überraschend bei dem Bundeswehrtermin auf. Nun soll ein privater Investor Geld dafür bereitstellen, weil der Staat es für die eigene Polizei nicht übrig hat. Einen ernsthaften Interessenten gebe es bislang nicht, sagte Roths Bürgermeister Ralph Edelhäußer.

Die Soldaten haben derweil begonnen, Bewerbungen zu schreiben. Patrick Gundert ist Personalstabsoffizier in der Otto-Lilienthal-Kaserne und hat noch keine Ahnung, wie es weitergeht. Seinem 14-jährigen Sohn hat er versprochen, dass er die Schule in Franken fertig machen darf. „Das bedeutet für mich zwei oder drei Jahre Pendelei.“ Oder wie Ronald Janke. Der Hauptfeldwebel ist seit sechs Jahren in Roth stationiert. Seine Frau ist ebenfalls bei der Bundeswehr; nun hoffen sie, an denselben Standort versetzt zu werden. Nicht nur sie müssen sich dann nach neuen Freunden umsehen. Auch für ihre achtjährige Tochter bedeutet der Wegzug einen schmerzhaften Einschnitt.