Nürnberg
"Die Luftqualität brennt uns unter den Nägeln"

Nürnberg will mehr E-Autos Energieversorger schreitet mit einer ganzen Flotte voran

15.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:57 Uhr

Der blütenweiße "Fuhrpark der Zukunft" des Nürnberger Energieversorgers. - Foto: Pelke

Nürnberg (HK) Die Stadt setzt auf Beratung, der Energieversorger auf die Praxis. Gemeinsam wollen beide Partner von der Ausweitung der Elektromobilität in Nürnberg profitieren.

Exoten sind sie nicht mehr. Aber sie parken auch noch nicht an jeder Straßenecke. Dabei könnten Elektroautos ein Teil der Lösung gegen Luftverschmutzung und Lärmbelastung in den Großstädten sein. Nürnberg will deshalb gemeinsam mit den Stadtwerken dem E-Auto zu einer größeren Verbreitung verhelfen. Während die Stadt die Beratung von Firmenkunden fördert, gehen die Stadtwerke mit gutem Beispiel voran. Der Nürnberger Energieversorger N-Ergie setzt künftig auf eine elektrisch betriebene Dienstwagenflotte bei den Personenfahrzeugen.

Funkelnagelneu blitzt die neue Elektroflotte in der Wintersonne. "Wir haben 70 neue E-Golf gekauft und 60 Ladestationen gebaut", sagt Heiner Kastens und zeigt auf den Parkplatz mit dem blütenweißen "Fuhrpark der Zukunft", der in der gesamten Republik seinesgleichen suche. Damit verfügt das Unternehmen laut Kastens am Firmensitz in Nürnberg-Sandreuth über die größte Ladepunktdichte in Deutschland. Bewusst hätte sich die N-Ergie für den Umstieg auf E-Personenfahrzeuge entschieden.

Heiner Kastens ist sich sicher, dass sich die höheren Anschaffungspreise langfristig für das Unternehmen rechnen werden. Bei den laufenden Kosten sieht Kastens, der sich bei den Stadtwerken um den Energievertrieb kümmert, sogar Einsparmöglichkeiten. Kastens rechnet mit "halben Spritkosten" für die neue E-Firmenflotte. Zusätzlich würden die Wartungskosten bis auf Reifenwechsel nahezu entfallen. Bei der Reichweite gibt es allerdings noch die bekannten Schwächen der Antriebstechnik. Mehr als 250 Kilometer am Tag sollten die Mitarbeiter mit den neuen E-Firmenwagen jedenfalls nicht fahren. Danach müssen sie wieder an die Steckdose angeschlossen werden.

Schon aus Eigeninteresse unterstützt die Stadt Nürnberg seinen Energieversorger beim Umstieg auf E-Autos. "Die Luftqualität brennt uns unter den Nägeln", sagt der städtische Umweltreferent Peter Pluschke (Grüne). Wirtschaftsreferent Michael Fraas (CSU) befürwortet die Avantgarderolle der Stadtwerke in Sachen Elektromobilität aus denselben Gründen. "Angesichts der Diesel-Diskussion ist Elektromobilität ein wichtiger Baustein, um Emissionen zu reduzieren, die Klimaziele einzuhalten und um Fahrverbote zu verhindern."

Letzteres, da sind sich Fraas und Pluschke einig, stünden in Nürnberg zum Glück noch nicht vor der Tür. "Wir wollen Fahrverbote weiterhin in Nürnberg vermeiden", erklären die Kommunalpolitiker unisono und verweisen auf Städte wie München oder Stuttgart, wo Fahrverbote wohl fast unausweichlich seien. Nürnberg wolle trotzdem nun verstärkt Unternehmen dazu bewegen, ihre Firmenflotten auf E-Fahrzeuge umzustellen. Dafür will die Stadt den ersten 15 Firmen ein Beratungsangebot für Elektrofahrzeuge bei der "Energieagentur Nordbayern" im Wert von jeweils rund 300 Euro spendieren. Ziel des Beratungsangebotes sei, Impulse für den Umstieg auf die Elektromobilität zu geben.

Die Stadt könnte von einem Boom der E-Fahrzeuge gleich doppelt profitieren. Erstens von den Einnahmen des kommunalen Energieversorgers aus dem neuen Geschäftsfeld. Zweitens von der Reduzierung der Schadstoffbelastung im Stadtgebiet. Von einer Hinwendung zum E-Auto auf breiter Front verspricht sich der städtische Energieversorger viele Chancen. "Wir sehen uns als Vorreiter", sagt Heiner Kastens, der bei den Stadtwerken den Bereich Energievertrieb leitet. Den Parkplatz für die neue E-Firmenwagenflotte mit den 60 Ladestationen wolle der Energieversorger als Testlabor nutzen. Kastens rechnet damit, dass die Nachfrage nach E-Autos in den nächsten fünf Jahren stark steigt. "Wir rechnen bis zum Jahr 2025 mit rund 250 000 E-Autos allein in Nordbayern." Darauf wolle der Konzern vorbereitet sein.

"Wir haben hier ein Labor für die Zukunft." Die Stadtwerke wollen neben dem Strom auch die Infrastruktur für die E-Autos verkaufen. Selbst bei der Abrechnung des Stromverbrauchs für die Firmenflotten der Zukunft rechnet sich der Energieversorger lukrative Marktanteile aus. Mit den neuen Stromverbrauchern auf den Straßen tut sich für die Stadtwerke ein neuer Markt auf, den man nicht links liegenlassen wolle. "Das ist für uns ein wichtiges Zukunftsfeld, auf dem wir mitspielen wollen", fasst Heiner Kastens die Stoßrichtung der Strategie zusammen.

Dabei setzten die Stadtwerke auf das Zusammenspiel der Kräfte. Mit am Tisch sitzen bei der Vorstellung der Pläne im Firmensitz die Stadt mit Umwelt- und Wirtschaftsreferent. "Wichtig ist, dass Politik und Wirtschaft an einem Strang ziehen", sagt Karstens und zeigt den Kommunalpolitikern den neuen E-Fuhrpark, der weiß in der Sonne funkelt. Beim Aufbau der Ladesäulen sei man bereits auf einem guten Weg. Hier hätten sich 50 Stadtwerke aus der Region mit dem Ziel einer flächendeckenden Infrastruktur für die Elektromobilität in einem fränkischen Ladeverbund zusammengeschlossen.