Neuburg
Erdbeeren statt Tomaten

23.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:04 Uhr

Neuburg (DK) Dürfen auf Gräbern Gemüsepflanzen und Obstgehölze wachsen? Der Neuburger Stadtrat hat sich gestern einstimmig gegen ein Verbot ausgesprochen. In der geänderten Friedhofssatzung findet sich nur der Passus, dass Gräber "würdevoll gestaltet" werden sollen.

Im vergangenen Herbst war in Neuburg intensiv über die zulässige Grabgestaltung diskutiert worden, weil auf einem örtlichen Friedhof Tomaten wuchsen. Mit der Gemüsepflanze auf dem Grab ihrer Großeltern wollte eine Frau daran erinnern, dass sie mit Oma und Opa zu deren Lebzeiten gerne Tomaten gezogen und geerntet hatte. Dieses Jahr wachsen übrigens Erdbeeren auf dem Grab.

Nach dem gestrigen Stadtratsbeschluss bleibt die Definition, was "würdevoll" ist, sowohl der Verwaltung wie den Grabbesitzern vorbehalten. Klar formuliert ist dagegen die Vorschrift, dass Bepflanzungen auf Gräbern nicht in den öffentlichen Raum oder auf benachbarte Gräber hineinwachsen dürfen.

Die Vielzahl der Meinungen im Plenum ließ sich nicht mehr auf die Kontroverse einer liberalen Haltung im Gegensatz zu einem klaren Verbot zusammenfassen. Friedhofsreferentin Elfriede Müller, die 2016 eine regelrechte Medienwelle ausgelöst hatte, riet selbst zur Mäßigung. Sie habe "großen Respekt vor der Individualität der Trauer", so die CSU-Stadträtin, mit der Satzungsänderung wolle man nur "extreme Auswüchse" verhindern. Im Einzelfall könne die Verwaltung ohnehin eine Ermessensentscheidung treffen. Die moderate Änderung der Satzung könne sie voll akzeptieren, "die alte Geschichte sollen wir nicht mehr aufwärmen." Vergangenes Jahr hatte Müller als zuständige Referentin noch erklärt: "Gemüse hat auf dem Friedhof nichts zu suchen". Dazu sagte gestern FDP-Stadträtin Bettina Häring: "Auf dem Grab des Alten Fritz wachsen Kartoffeln - und keiner regt sich auf." Sie hätte gegen ein Gemüseverbot gestimmt, "denn man soll die Reglementierung nicht übertreiben." Dass der Stadtratsbeschluss zur Friedhofsatzung nicht (mehr) besonders schlagzeilenträchtig ist, kommt Neuburgs Oberbürgermeister Bernhard Gmehling durchaus entgegen. Er will nach den Debatten des vergangenen Jahres Ruhe auf dem Friedhof.

Einigkeit herrschte im Plenum über den Verzicht auf Grabsteine, die "mit ausbeuterischer Kinderarbeit" etwa in Indien oder China hergestellt worden sind. Die Steinmetze müssen künftig einen entsprechenden Nachweis erbringen. Der Landtag hatte vergangenes Jahr nach langen Diskussionen ein Gesetz gegen Grabsteine aus Kinderarbeit verabschiedet. Seither können Kommunen entsprechende Verbote in ihre Friedhofssatzungen aufnehmen. Vorher war das nicht möglich.