München
"Wir wollen Söder von Anfang an die Wadeln richten"

FW-Chef Hubert Aiwanger im Interview

08.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:43 Uhr
14.02.2018, Bayern, Deggendorf: Hubert Aiwanger, Landesvorsitzender der Freien Wähler, bedankt sich nach seiner Ansprache beim politischen Aschermittwoch der Freien Wähler beim Publikum. Foto: Matthias Balk/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ −Foto: Matthias Balk (dpa)

München (DK) Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger spricht im Interview über den designierten Ministerpräsidenten und die Rolle seiner Partei.

Herr Aiwanger, sind Sie schon im Wahlkampf-Modus?

Hubert Aiwanger: Ja natürlich. Die CSU und Markus Söder doch auch. Wir wollen Söder von Anfang an die Wadeln richten. Bisher kamen von ihm doch nur lauter Einlullthemen. Nehmen Sie die von ihm angekündigte staatliche Wohnungsbaugesellschaft, die bis zum Jahr 2020 insgesamt 2000 neue Wohnungen bauen soll. Eine staatliche Wohnungsbaugesellschaft, die schöne Posten bieten wird für abgehalfterte CSU-ler. Da lache ich mich tot. Und dafür will er die letzten Eon-Anteile in bayerischer Hand verkaufen, wie einst sein politischer Ziehvater Edmund Stoiber Staatsbesitz verscherbeln. Oder seine Ankündigung einer Landespflegebehörde. Söder soll erst mal dafür sorgen, dass die Pflegenden besser bezahlt werden.

 

Ist das nicht Sache der Tarifparteien?

Aiwanger: Der Freistaat kann das doch mit einem Zuschuss versehen. Er könnte überhaupt bei ganz vielen Themen mehr tun als derzeit. Nehmen Sie mal die zusätzlichen Asylrichter: Das haben wir seit Oktober 2015 im Landtag gefordert - was von Finanzminister Söder immer abgelehnt wurde. Jetzt sagt er: Ich will mehr Asylrichter. Dabei geht das in dieser Legislaturperiode gar nicht mehr, weil man die Stellen in wenigen Wochen gar nicht mehr besetzen kann. Das sind doch alles Torschluss-Aktionen, die wir aufdecken müssen.

 

Um Söder im Wahlkampf politisch zu beschädigen?

Aiwanger: Nein, um eine bessere Politik einzuleiten. So wie bei der Abschaffung der Straßenausbaugebühren. Erst auf unseren Druck hin ist das auf einen guten Weg gekommen. Gleichwohl ist mir unverständlich, dass die CSU ihr Gesetz wieder zurückgezogen hat und nun erst nach Ostern handeln will. Die Staatsregierung hat doch einen riesigen Apparat, da muss man doch nach fünf Monaten endlich langsam mal einen ordentlichen Gesetzentwurf vorlegen können. Deshalb werden wir das Volksbegehren noch im März einreichen. Am Dienstag wollen wir das zusammen mit unseren Bündnispartnern ankündigen. Und in Sachen der früheren staatlichen Wohnungsbaugesellschaft GBW wird es auch Neues geben.

 

Was?

Aiwanger: Am kommenden Mittwoch werden die Oppositionsparteien eine Pressekonferenz zur GBW machen. Wir wollen Klärung darüber, ob die EU-Kommission in Brüssel wirklich von Bayern und der Landesbank verlangt hat, die GBW zu verkaufen. Das behaupten CSU und Staatsregierung ja nach wie vor. Ein anderweitiger Verkauf, etwa in kommunale Hand, wäre aber möglich gewesen. Man hat das nicht gemacht, weil man schnell an viel Geld kommen wollte, oder, im schlimmeren Fall, weil es dubiose Machenschaften gab. Das muss geklärt werden. Und was ich mir bis heute nicht vorstellen kann, ist, dass die Staatsregierung nichts davon mitbekommen haben soll, dass Zoll und LKA vor dem Deal gewarnt haben. Das soll nicht bis zu Markus Söder vorgedrungen sein? Für mich ist das ein größerer Skandal als Bayern-Ei.

 

Ich frage Sie mal als Bayer: Ist es nicht angemessen, wenn der Freistaat seinen neuen Ministerpräsidenten an einem eigenen Termin wählt statt im Windschatten der Berliner Bundeskanzlerwahl - und dazu eine Sondersitzung anberaumt?

Aiwanger: So argumentiert die CSU. Ich finde im Gegenteil, es wäre charmant, wenn Republik und Freistaat am selben Tag die Weichen neu stellen. Was hätte denn dagegen gesprochen, den bestehenden Sitzungstermin des Landtags dafür zu nutzen? Ob Horst Seehofer bei der Söder-Inthronisations-Aktion dabei sein wird? Das kann doch nicht entscheidend sein. Ohnehin darf man noch Wetten annehmen, ob Seehofer denn bei der Sondersitzung anwesend sein oder wieder einen triftigen Abwesenheitsgrund haben wird. So eine Sondersitzung kostet viel Geld, zudem müssen die Abgeordneten ihre Termine umwerfen. Es wäre ein Zeichen der Demut und des Respekts gewesen, auf die Söder-Sonder-Show zu verzichten. Seehofers mögliche Teilnahme ist jedenfalls kein triftiger Grund - der hätte auch in zwei Wochen als Abgeordneter eine schöne letzte Abschiedsrede halten können, ehe er von Berlin aus für unser Glück und Wohlergehen sorgt. Das wäre viel besser angekommen als diese Extrawurst. Und ohnehin: Seehofer war im Oktober zum letzten Mal in einer Plenarsitzung.

 

Wenn Sie weiter so politisch grantig sind, dann wird das eher nichts mit einer Koalition von CSU und Freien Wählern.

Aiwanger: Im Gegenteil - um so eher. Die CSU nimmt einen nur dann ernst, wenn sie regelmäßig einen Tritt vors Schienbein bekommt, sobald sie Unsinn macht. Man sieht ja, wie die intern miteinander umgehen. Da würde jede andere Partei untergehen. Ich würde so nicht mal mit meinen politischen Feinden umgehen. Wir sind es den Bürgern schuldig, die politischen Fehlentwicklungen, die durch die absolute Mehrheit der CSU verursacht werden, aufzudecken.

 

Das Interview führte

Alexander Kain.