München (DK
Höchstspannung im Trassenstreit

Neuer Vorstoß aus Bayern stößt in Hessen und Baden-Württemberg auf heftigen Widerstand

17.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:17 Uhr

München (DK) Der neue Vorstoß von Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) im Trassenstreit stößt auf heftige Kritik. Aigner will die geplante Südost-Trasse verkürzen und den sogenannten SuedLink nach Westen verschieben – in andere Bundesländer. Dort ist man alles andere als begeistert.

In Kürze will die Bundesnetzagentur ihre Pläne für das künftige deutsche Stromnetz vorlegen. Über den Netzausbau soll noch vor der Sommerpause in Berlin entschieden werden. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), aber auch zahlreiche Bürgerinitiativen in Bayern und Hessen, stemmen sich gegen die im Freistaat geplanten Trassen. Sie sollen Windstrom von der Küste in den Süden bringen.

Die derzeitigen Planungen sehen zwei Trassen vor, die durch Bayern führen sollen – darunter die sogenannte Südost-Trasse, gegen die es auch in der Region heftige Proteste gibt. Sie soll quer durch den Freistaat verlaufen und im schwäbischen Gundremmingen enden. Die zweite Trasse wird SuedLink genannt. Diese Stromautobahn soll nach derzeitigem Planungsstand von Norddeutschland ins unterfränkische Grafenrheinfeld führen.

Aigners Vorstoß würde die Planungen über den Haufen werfen. Die Gleichstrompassage Südost soll aus ihrer Sicht „überwiegend in Bestandstrassen verlaufen und entscheidend verkürzt werden“. Gundremmingen ist in einem Papier aus Aigners Ministerium stattdessen als SuedLink-Endpunkt vorgesehen. Wie aus der Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums in München zu einem aktuellen Entwurf der Bundesnetzagentur hervorgeht, will Aigner die geplante Superleitung hauptsächlich durch Baden-Württemberg und Hessen führen. Aus dem Großraum Stuttgart soll dann eine Verknüpfung ins schwäbische Gundremmingen erfolgen – statt nach Grafenrheinfeld. Aigner argumentiert, die unterfränkische Region dürfe nicht zur „nationalen Stromdrehscheibe“ werden.

In ihrer Stellungnahme droht Aigner indirekt mit einer Blockade der Netzausbaupläne. Sie bringt Naturschutz-Argumente ins Spiel sowie eine Änderung des bayerischen Landesentwicklungsplans. In den kommenden zwei Wochen soll die Bundesnetzagentur ihre Pläne für das künftige deutsche Stromnetz vorlegen. Über den Netzausbau soll noch vor der Sommerpause in Berlin entschieden werden.

Hessen und Baden-Württemberg lehnen den Vorstoß der bayerischen Staatsregierung strikt ab. „Egal, was in Bayern gedacht, geredet oder geschrieben wird, es wird keine Verlagerung der Trassenführung gegen die hessischen Interessen geben“, erklärte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) gestern im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. „Wir werden gegen diese bayerischen Vorstellungen Widerstand leisten und auf gar keinen Fall hessische Interessen opfern.“

Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) sagte, das Land werde sich „die Unverschämtheiten aus München nicht gefallen lassen“. Der Vorschlag sei „an Dreistigkeit nicht zu überbieten“ und gehe zu Lasten anderer. SuedLink würde dann erst auf den letzten Metern in Bayern landen. „Die bayerische Landesregierung kann nicht ernsthaft glauben, dass dieser wahnwitzige Vorschlag auch nur den Hauch einer Realisierungschance hat.“

Scharfe Kritik kommt auch aus Baden-Württemberg. „Wenn man sich die Vorschläge Bayerns ansieht, stellt man fest, dass es offensichtlich darum geht, die Übertragungstrassen so gut wie möglich um Bayern herumzuführen – auf Kosten anderer Länder.“ Der bisherige Planungsprozess habe sich stets an Kriterien der Versorgungssicherheit orientiert und die Interessen von ganz Deutschland im Blick gehabt, so Untersteller. Es gebe „überhaupt keinen fachlichen Grund, vom vereinbarten Verfahren abzuweichen und die Netzausbaupläne grundlegend zu ändern“. Mit dem bayerischen Vorschlag würden die Netzausbauplanungen für die SuedLink-Trasse „quasi zurück auf den Anfang“ gesetzt – was mehrere Jahre Verzug bedeute. „Diesen zeitlichen Umweg können wir uns schlicht nicht leisten“, sagte Untersteller.