München
Generationswechsel bei den Grünen

Katharina Schulze übernimmt den Fraktionsvorsitz von Margarete Bause

12.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:39 Uhr

München (DK) Mit Margarete Bause tritt ein bayerisches Grünen-Urgestein ab. Ihre Nachfolgerin an der Fraktionsspitze ist 27 Jahre jünger. Am Mittwoch erfolgt der Generationswechsel.

Katharina Schulze ist jung. Sie ist aufgeweckt, engagiert, authentisch, angriffslustig und Landtagsabgeordnete der Grünen. Und sie fordert mehr Polizei - und das ziemlich regelmäßig. Schulze hat sich ein Thema zu eigen gemacht, das nicht unbedingt zu den grünen Herzensangelegenheiten zählt. Sie hat die Beziehungen zur Polizei und generell das Thema innere Sicherheit in ihrer Partei auf die Tagesordnung gehoben - unter anderem mit einem grünen Polizeikongress und regelmäßigen Schnupper-Nachtschichten im Streifenwagen.

Die 31-jährige Münchnerin ist also nicht unbedingt eine Klischee-Grüne. Und dennoch wird sie ab Mittwoch zu einem der wichtigsten Köpfe der Landespartei aufsteigen. Dann tritt sie als einzige Bewerberin zur Wahl als Nachfolgerin für Margarete Bause an. Die Landtagsfraktionsvorsitzende tritt ab, da sie gute Aussichten hat, im September in den Bundestag gewählt zu werden. Die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen, Claudia Stamm, der ebenfalls Ansprüche auf den Posten nachgesagt worden waren, sagt, sie habe nie Ambitionen gehabt.

Für Schulze ist der Fraktionsvorsitz ein scheinbar folgerichtiger Karriereschritt. Denn in den vergangenen Jahren hat sie eine politische Bilderbuchkarriere hingelegt: Vorsitzende der Grünen Jugend München, kurz darauf auch Stadtvorsitzende der Gesamtpartei. 2013 der Einzug in den Landtag und der sofortige Aufstieg zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden - mit gerade einmal 28 Jahren. Aber auch jenseits der parlamentarischen Arbeit hat sich Schulze Meriten erworben. Mit zwei Initiativen hat sie sich in Bürgerentscheiden erfolgreich gegen Großprojekte in München zur Wehr gesetzt: Sowohl gegen die dritte Startbahn als auch gegen die Münchner Olympiabewerbung ist sie als Sprecherin der jeweiligen Bürgerinitiativen aufgetreten. Im Landtag kümmert sich Schulze neben dem Thema Polizei vor allem um den Kampf gegen Rechtsextremismus.

Eine breite thematische Aufstellung, die auch klassische grüne Themen beinhaltet, hat Schulze also zu bieten. Und das ist auch dringend notwendig. Denn nur mit innerer Sicherheit gewännen die Grünen keinen Blumentopf, heißt es aus der Fraktion. Dieses Thema nutze am Schluss immer der CSU. Schulze selbst sieht das anders. Flächenfraß, Landwirtschaft, Klima - das seien zwar alles wichtige grüne Themen. Aber zur Parteigeschichte und den Parteigrundsätzen gehöre auch Bündnis 90 und damit das Thema Bürgerrechte. "Wir können beides", sagt Schulze im Gespräch mit unserer Zeitung.

In der Fraktion wird zwar mit einem sehr guten Wahlergebnis für Schulze gerechnet und das Vertrauen, dass sie ihre Arbeit gut erledigen wird, ist groß. "Sie hat sich in einem schwierigen Feld hervorragend profiliert, sie wird sich in der neuen Rolle gut zurechtfinden", sagt etwa Noch-Fraktionschefin Bause. Es gibt aber auch Bedenken. Schulze wolle manchmal mit dem Kopf durch die Wand, müsse sich in manchen Situationen noch mehr zurücknehmen und auch mit Gegenwind klarkommen, sagt einer. Eine Fraktion zu leiten sei nicht immer eine Schön-Wetter-Veranstaltung.

Ihr künftiger Co-Vorsitzender Ludwig Hartmann sieht sie aber auf einem guten Weg. Schulze habe eine gute Lernkurve hingelegt. "Anfangs war ihr Auftreten manchmal zu ungestüm und zu wenig strategisch. Inzwischen hat sie ein gutes politisches Gespür, den Blick fürs Ganze und auch eine hohe Durchschlagskraft", sagt er. Er freue sich auf die Zusammenarbeit.

Ganz unumstritten ist Schulze aber auch in der eigenen Partei nicht. Nach der Kommunalwahl 2014 landeten die Grünen trotz eines sehr guten Wahlergebnisses nach gescheiterten Koalitionsverhandlungen im Münchner Rathaus in der Opposition. Gegenseitige Vorwürfe zwischen der damaligen Stadt-Parteichefin Schulze und anderen Führungsfiguren folgten. Mangelnde Kritikfähigkeit und Solidarität wurden der künftigen Landtagsfraktionschefin zur Last gelegt.

In der Fraktion sehen manche Schulze auch als einen Schritt in Richtung Schwarz-Grün - was nicht jedem gefällt. "Ich stehe klar für einen grünen, eigenständigen Kurs", entgegnet Schulze. Von Farbenspielen halte sie gar nichts. Das gelte auch für Personalspekulationen für die Zukunft. Die Frage, ob sie Spitzenkandidatin für die Landtagswahl 2018 werden wolle, stelle sich nicht. Darüber werde erst nach der Bundestagswahl gesprochen, sagt sie.