Mixa positioniert sich wieder

30.03.2011 | Stand 03.12.2020, 3:00 Uhr

Fünfstetten (DK) Vor einem Jahr hat der Fall Mixa die Kirche erschüttert. Es kam heraus, dass der frühere Bischof von Augsburg in seiner Zeit als Stadtpfarrer von Schrobenhausen Heimkinder brutal geschlagen hat. Opfer seiner Prügelattacken bezeugten dies an Eides statt. Aber Mixa leugnete alles ab.

Als der Druck zu groß wurde und sich herausstellte, dass er auch noch Stiftungsgelder veruntreut hatte, räumte der Bischof "die eine oder andere Watschn" ein. Der Skandal war geboren. Ein Skandal, der dazu führte, dass fünfmal mehr Katholiken im Bistum Augsburg aus der Kirche austraten als in den Jahren davor. Drei Wochen hielt sich Mixa noch, dann bot er seinen Rücktritt an.

Wie sieht es ein Jahr nach der Causa Mixa aus? Wird in den betroffenen Gemeinden aufgearbeitet, was zum Skandal führte? Der Ex-Bischof ist in der Pfarrgemeinde Fünfstetten (Kreis Donau-Ries) in der Diözese Eichstätt untergekommen. Einige der Bewohner waren bei seiner Ankunft im Juli empört. Eine Frau sprach aus, was viele fühlten: Sie sei nicht nur entsetzt gewesen über die Schläge, sondern auch von der Art und Weise, wie Mixa, diese als Bischof leugnete.

Fragt man heute bei dieser Frau nach, so antwortet eine in sich gekehrte Person: "Nein, ich sage nichts mehr. Ich habe viel Ärger bekommen." Offensichtlich wurde Druck ausgeübt, damit sie sich einfügt in eine Situation, für die sie selbst am allerwenigsten konnte.

Auch die Oberin des Frauenklosters Maria Stern, wo Mixa vorübergehend Quartier bezog, hält sich zurück. Sie interessiere sich nicht für die "Dorfpolitik", erklärt sie. Damals sprach sie noch kritisch über die Ankunft Mixas. Inzwischen ist der Bischof in ein leerstehendes Pfarrheim im Nachbarort Gunzenheim (Pfarrei Fünfstetten) gezogen.

Auch damals gab es schon eine kirchentreue Fraktion in Fünfstetten, die sich mit dem "Bischof im Ort" aufwerten wollte, die Schläge als probates Mittel der Erziehung erachtete. Sie rufen damals wie heute dazu auf, die Sache ruhen zu lassen, den "Schwamm drüber" zu wischen und "den armen Mixa" in Frieden zu lassen. Je länger der Skandal dauerte, umso mehr sind es geworden. Und so haben es die Mixa freundlichen Kreise innerhalb von nur acht Monaten geschafft, die Nachdenklichen im Ort mundtot zu machen, diejenigen auszugrenzen, die Klärungsbedarf haben, wie die Frau, die Ärger bekam. Sie wurde niedergezwungen von einem System der Einschüchterung und Unterstellung.

Walter Mixa dagegen sucht mehr und mehr das Licht der Öffentlichkeit: Der wortgewaltige Hardliner der Kirche, der einst berufstätige Frauen durch den Ausbau der Kinderbetreuung zu "Gebärmaschinen" degradiert sah, geht mehr und mehr nach außen und gewinnt Boden zurück.

Schon heuer im Februar zelebrierte der 69-Jährige im Bamberger Dom die Messe mit, neben dem Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke. Lediglich bei der Verteilung der Hostien hielt sich Mixa zurück. Außerdem plante er eine publicity-trächtige Vortragsreihe, mit einem ehemaligen Personenschützer.

Der neue Augsburger Bischof Konrad Zdarsa verwahrt sich gegen solche Auftritte Mixas in seinem Bistum. Nicht so das Bistum Eichstätt. Dort hält der Ruhestandsgeistliche wieder regelmäßig Gottesdienste. Das liegt auch daran, dass vom Prinzip her niemand gegen einen emeritierten Bischof einschreiten kann. In Absprache mit der Pfarrei könne Mixa wie jeder Ruhestandsgeistliche seelsorgerisch tätig sein, erklärt der Eichstätter Bistumssprecher.

"So gewinnt er die Leute für sich", erzählt eine andere Frau aus Fünfstetten. "Er macht sich beliebt."Und so wächst Gras über ein System, in dem Probleme nicht offen angesprochen werden dürfen.

Was mag in den Opfern vorgehen, die Mixas System von Lug und Trug ertragen mussten und wissen, dass er jetzt wieder von der Kanzel predigt? Wieder können sie sich von dem System überrollt fühlen, wenn das Wort des Bischofs immer noch schwerer wiegt.

Ralf K. (Name geändert) aus Schrobenhausen ist ein Kenner kirchlicher Strukturen. Er war jahrelang Chefministrant unter Mixa. "Wie kann man den Mann im Bamberger Dom nur mitzelebrieren lassen", fragt er. "Das ist schlecht, schlecht und schlecht", sagt er. Für die Kirche, die Katholiken, die Gemeinde, für Mixa und für die Opfer. Dann holt er nochmal weit aus. Wieder einmal werde der Mantel des Schweigens über eine Geschichte gebreitet, mit Schuldzuweisungen operiert und die Kritik weggewischt. "Die Opfer brauchen jahrelang therapeutische Maßnahmen und hier soll hoppladihopp über die Sache hinweg gegangen werden" Warum reagiert die deutsche Bischofskonferenz nicht, fragt er weiter.

Erneut stolpere man über eine Krise hinweg, wenn Mixa jetzt wieder predigen dürfe. "Der muss doch denken, dass es in Ordnung war, wie er sich verhalten hat." Für Ralf K. ist das unerträglich.