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Airbus-Werk im Aufwind

16.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:40 Uhr

Blick von oben: Auf der Luftaufnahme sind die beiden Startbahnen sowie das Gelände von Airbus (Mitte) gut zu erkennen. ‹ŒArch - foto: Schalles

Manching (DK) Morgen ist großer Familientag im militärischen Luftfahrtzentrum von Airbus in Manching. Der zweitgrößte Industrie-Arbeitgeber in der Region hat einige Turbulenzen hinter sich. Standortleiter Christian Pols blickt aber optimistisch in die Zukunft.

Herr Pols, das Manchinger Airbus-Werk hat ja eine eher turbulente Zeit hinter sich. Vor zwei Jahren war noch von massivem Personalabbau die Rede. Im Feuer standen 1000 von 4000 Jobs. Wie viele Stellen sind denn wirklich verloren gegangen?

Christian Pols: Es gab eine Stellenreduzierung, aber in einer viel geringeren Größenordnung als damals befürchtet. Der Grund für den geplanten Personalabbau war ja zweigeteilt. Die Verschlankung der Organisation wurde erfolgreich durchgeführt. Der viel größere Teil des Abbauplans basierte aber auf der Aussicht, dass das Geschäft in den kommenden Jahren rückläufig wäre. Das hat sich zum Glück in der Zwischenzeit ins Gegenteil verkehrt. Wir sehen in den verschiedenen Programmen durchaus wieder mehr Geschäft und haben deshalb heute ganz andere Aussichten. Inzwischen suchen wir wieder rund 300 Mitarbeiter, die wir gerne einstellen würden.

 

Wie viele Mitarbeiter hat Airbus aktuell im Manchinger Militärluftfahrtzentrum?

Pols: Wenn man nur die fest angestellten Mitarbeiter nimmt, sind es derzeit knapp 4000. Zusammen mit den Leiharbeitern und Werkvertragskräften liegen wir bei gut 4500 Mitarbeitern.

 

Sie sagen, Sie suchen neue Mitarbeiter. Wie schwer ist es denn, in der Region qualifiziertes Personal zu finden?

Pols: Nicht leicht. Aber wir suchen ja weit über die Region hinaus, in anderen Bundesländern und auch im Ausland. In der Wartung des Marineaufklärers P-3 Orion zum Beispiel haben wir Mitarbeiter aus Portugal eingestellt.

 

Sehen Sie sich bei der Personalrekrutierung in Konkurrenz zu Audi, dem größten Arbeitgeber in der Region?

Pols: Eher nicht. Wir sprechen ein anderes Klientel an als Audi. Wir suchen zum Beispiel sehr oft nach Experten, die ein entsprechendes Programm oder Flugzeug schon kennen. Da gibt es eigentlich kaum eine Konkurrenzsituation.

 

Wegen der Konzentration der Militärluftfahrtsaktivitäten in Manching wurden ja in den vergangenen 15, 20 Jahren viele Mitarbeiter - vor allem aus Ottobrunn bei München - hierher versetzt. Sind die inzwischen hier angekommen oder gibt es immer noch viele Pendler?

Pols: Es gab am Anfang natürlich einen recht starken Pendelverkehr zwischen München und Manching. Wir haben die Verkehrsströme ins Werk aber gerade erst überprüft. Da ist nicht mehr der klassische Süd-Münchner Raum als Schwerpunkt erkennbar. Wir haben inzwischen einen sternförmigen Einzugsbereich, und die allermeisten Mitarbeiter wohnen mit ihren Familien in der Region.

 

Wie fühlt man sich eigentlich als Airbus-Mitarbeiter in einer Gegend, die von der Autobranche dominiert wird? Wird der zweitgrößte Industriearbeitgeber in der Region überhaupt wahrgenommen?

Pols: Ich kann das nur für mich sagen. Ich fühle mich hier heimisch und habe auch das Gefühl, dass wir in der Region sehr gut vernetzt und auch anerkannt sind. Airbus ist in vielen sportlichen und kulturellen Bereichen aktiv. Es ist in der Region eben nicht alles Audi.

 

Lassen Sie uns mal nach vorne schauen. Die Produktion von Eurofighter-Kampfflugzeugen für die Bundeswehr wird voraussichtlich 2018 auslaufen. Ein Einschnitt für das Manchinger Werk?

Pols: Von außen gesehen wird das Werk sehr schnell mit dem Eurofighter gleichgesetzt. Das hat sicher seine Berechtigung, aber man darf Airbus in Manching nicht auf die Produktion beschränken. Wir haben sehr große - und weiter steigende - Anteile im Wartungs- und Systemunterstützungsbereich. Der Eurofighter zum Beispiel kommt alle 400 Flugstunden zu uns. Das ist nicht nur Wartung, die Flugzeuge werden ja weiterentwickelt. Und da immer mehr Eurofighter in den Geschwadern fliegen, haben wir auch immer mehr zu tun. Die Mitarbeiter, die noch in der Eurofighter-Produktion tätig sind, können auch in der Flugzeugwartung eingesetzt werden. Das ist gar nicht mehr zu trennen. Aber die Produktion geht ja auch weiter. Wir haben gerade den Kuwait-Auftrag gewonnen und montieren in Manching die Rumpfmittelteile für 28 zusätzliche Eurofighter.

 

Wann werden die Flugzeuge für Kuwait denn gebaut?

Pols: Wir werden die Produktion nächstes Jahr vorbereiten, und 2018 geht es dann los.

 

Und danach? Wird das Airbus-Werk in Manching irgendwann nur noch Wartungsbetrieb sein?

Pols: Also das "nur noch Wartung" möchte ich nicht gelten lassen. Selbst wenn irgendwann ausschließlich die bereits bestehenden Flugzeugprogramme da sein sollten - dieses Weiterentwicklungs- und Modernisierungsgeschäft ist extrem anforderungsreich. Wenn zum Beispiel ein 1982 gebauter Tornado heute im Originalzustand auf der Piste wäre, wäre das den aktuellen militärischen Anforderungen nicht mehr gerecht, weil sich die Fähigkeiten inzwischen weiterentwickelt haben. Sie müssen ja nur mal überlegen, wie sich die Computertechnik seitdem weiterentwickelt hat. Außerdem möchte ich die Zukunft der Eurofighter-Produktion nicht einfach so aufgeben. Und dann stehen natürlich unbemannte Flugzeuge vor der Tür. Auf diesem Feld haben wir in verschiedenen Programmen unsere Fähigkeiten bewiesen.

 

Drohnen werden ja als die Flugzeuge der Zukunft gehandelt. Was passiert bei dem Thema denn in Manching?

Pols: Wir sind vorbereitet. Gerade warten wir auf grünes Licht für die Definitionsphase des europäischen Drohnenprojekts. Wir gehen davon aus, dass es noch in diesem Jahr damit losgeht.

 

Wie viele Leute arbeiten derzeit in Manching am Thema unbemanntes Fliegen?

Pols: Das ist schwer zu sagen, weil die Ingenieure oft mit verschiedenen Programmen beschäftigt sind. Ich würde mal sagen, so etwa 150 bis 200.

 

Herr Pohls, an diesem Samstag ist ja Familientag bei Airbus in Manching - Ihr erster als Werksleiter. Haben Sie da neue Pflichten? Müssen Sie anzapfen?

Pols: Anzapfen nicht. Aber eine kleine Begrüßungsrede werde ich schon halten müssen.

 

Der gebürtige Bremerhavener Christian Pols (47) begann seine Karriere nach einem Maschinenbau- und Wirtschaftswissenschaftsstudium im damaligen EADS-Werk in Augsburg. Nach mehreren Stationen in Ottobrunn und Lemwerder bei Bremen kam er 2009 nach Manching. Seit April 2014 ist er der Standortleiter des Airbus-Werks.

 

Die Fragen stellten Carsten Rost und Johannes Greiner.